Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 203 
brauche Ihnen nicht erst zu sagen, daß er die besten Wünsche für das 
Reüssieren Ihres Ministeriums hegt und alles tun wird, was in seinen 
Kräften steht, um Sie zu unterstützen. Ich besprach mit ihm Ihren 
Wunsch mit Beziehung auf ein eventuelles Eingeständnis der Existenz des 
geheimen Vertrags. 1) Graf Bismarck sah ein, daß es Ihnen und auch 
der württembergischen Regierung angenehm und für Ihre Stellung dem 
Lande gegenüber vorteilhaft sein würde, wenn Sie den geheimen Vertrag 
avouieren könnten. Er hat nichts dagegen, daß dies seinerzeit geschieht, 
und möchte nur abwarten, bis der Spektakel in der französischen Kammer 
sich etwas gelegt haben wird. Also vielleicht bis nach den Interpellationen 
über die auswärtige Politik des Kaisers.:) Dann ist er der Ansicht, auf 
die Sache durch scheinbare Indiskretionen in den Zeitungen vorzubereiten; 
er würde aber gern Ihre Ansichten hören, falls Sie die Oeffentlichkeit 
auf eine andre Weise haben möchten. 3) Er trug mir auf, Ihnen zu 
schreiben und Ihnen zugleich zu sagen, daß, wenn Sie das Bedürfnis 
fühlen sollten, in dieser oder einer andern Angelegenheit sich direkt an ihn 
zu wenden, er sehr gern bereit sein würde, den Weg der direkten Privat- 
korrespondenz zu betreten. Er hat vollständiges Vertrauen in Werthern,) 
glaubt aber, daß, bevor derselbe zu dem Grad von Vertraulichkeit Ihnen 
gegenüber gelangt sein sollte, es Ihnen vielleicht lieber sein dürfte, sich 
gegen ihn (Bismarck) auszusprechen. Montgelas 5) wird von ihm als ein 
guter Geschäftsmann und ehrlicher Mensch bezeichnet, er meint aber, daß 
es darüber hinaus aufhöre und intimere Geschäfte nicht leicht mit ihm 
anzuknüpfen seien. 
In demselben Sinne schrieb dem Fürsten der Herzog von Ratibor: 
Berlin, 3. März 1867. 
Heute Abend war ich bei Putbus auf einem Ball und hatte dort 
Gelegenheit, mit Bismarck zu sprechen. Er kam von selbst auf Dich zu 
sprechen, indem er am Büfett ein Glas Champagner auf Dein Wohl und 
das Gedeihen Deiner dortigen Bestrebungen trank. Ich erzählte ihm, daß 
Du mir geschrieben, und er ist ganz darin einverstanden, daß man dort 
vorsichtig zu Werke gehen müsse. Man verlange hier von Bayern gar 
  
1) Das gleichzeitig mit dem Friedensvertrage geschlossene Schutz= und Trutz- 
bündnis. 
2) Die Debatte der französischen Kammer über die auswärtige Politik fand 
vom 14. bis 18. März statt. 
) Die Veröffentlichung des Schutz= und Trutzbündnisses erfolgte am 19. März 
1867, unmittelbar nach der ersten Verhandlung des Norddeutschen Reichstags, 
welche Luxemburg berührte. Sybel, Begründung des Deutschen Reichs, Bd. 6 S. 58. 
4) Der preußische Gesandte in München. 
5) Bayrischer Gesandter in Berlin.
	        
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