Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 223 
Zwar geben die letzten Aeußerungen der preußischen Regierung zu 
keinen direkten und bestimmten Befürchtungen Veranlassung, allein sie sind 
doch geeignet, zu ernster Prüfung der Frage aufzufordern, welche Stellung 
die Königliche Regierung einzunehmen habe. Die Königliche Regierung 
hat neben dem dringenden Bedürfnisse und Wunsche der Erhaltung des 
Friedens die ihr dem gesamten Deutschland und insbesondere Preußen 
gegenüber obliegenden Verpflichtungen im Auge zu behalten und in dieser 
Erwägung eine Anfrage des Grafen Bismarck durch die in Abschrift an- 
liegende Depesche beantwortet. 
Wenn schon in meinem Rundschreiben vom 24. Februar 1867 der 
Wert freundlicher Beziehungen Bayerns und des übrigen Deutschlands zu 
Oesterreich hervorgehoben wurde, so tritt die Bedeutung einer solchen 
freundlichen Beziehungen Ausdruck gebenden Aeußerung der Kaiserlichen 
Regierung durch die jüngste Komplikation so sehr in den Vordergrund, 
daß die Frage der Erhaltung des Friedens wohl vorzugsweise von der 
Stellung abhängen dürfte, welche die Kaiserliche Regierung in dieser Sache 
einzunehmen sich entschließt. 
Welchen Wert die Erhaltung des Friedens im gegenwärtigen Augen- 
blick für Oesterreich hat, wie selbst bewaffnete Neutralität die Entwicklung 
der angebahnten Aenderungen des Verfassungslebens in Oesterreich ge- 
fährden würde, wird von Herrn von Beust sicher zugegeben werden. Durch 
eine den deutschen Interessen günstige Haltung könnte, wie kaum zu 
zweifeln, die österreichische Regierung nicht bloß dieser Gefahr begegnen, 
sondern Beziehungen zu Deutschland wieder anknüpfen, die im allseitigen 
Wunsche und Interesse liegen. Jedenfalls ist es der bayrischen Regierung 
von der höchsten Wichtigkeit, von den Entschlüssen Oesterreichs in dieser 
Beziehung Kenntnis zu erhalten. 
Im Auftrage Seiner Majestät des Königs, meines allergnädigsten 
Herrn, beauftrage ich Sie, sobald irgend möglich vertrauliche Anfrage in 
dieser Richtung an Herrn von Beust zu stellen, und ermächtige Sie, demselben 
Kenntnis von dem Inhalte dieser Depesche zu geben. Ueber die Antwort 
und alle auf diese Frage bezüglichen Vorkommnisse wollen E. H. mir mit 
möglichster Beschleunigung berichten. 
Am 3. April fand ein Ministerrat statt, in welchem der Fürst sich 
der einstimmigen Zustimmung seiner Kollegen zu den bisher von ihm ge- 
tanen Schritten versicherte. An demselben Tage telegraphierte Graf Bis- 
marck an Herrn von Werthern: 
„Sagen Sie dem Fürsten Hohenlohe ganz vertraulich folgendes: 
Diplomatische Eröffnungen Frankreichs behaupten, daß der luxemburgische 
Handel abgeschlossen sei. Der Kaiser könne nicht mehr zurück, obwohl ich
	        
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