230 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870)
Nach der Zustimmung des Königs trat Graf Tauffkirchen seine Reise
an. Aus Berlin schrieb er dem Fürsten am 14. April:
„Bismarck hat mich in ganz auffallender Weise mit Aufmerksamkeit
überschüttet. Er scheint Oesterreich sehr notwendig zu brauchen. Desto
besser, wenn es gelingt, dort Eingang zu finden.. Der König von
Preußen sprach sich über Eure Durchlaucht in der allervertrauensvollsten,
anerkennendsten Weise aus und trug mir viele Grüße an Sie auf .“
In Wien war die Mission des Grafen erfolglos. Nach einer Unter-
redung mit dem Freiherrn von Beust am Vormittage des 18. April schrieb er
dem Fürsten am 19. April: „Ich halte es für ganz zweifellos, daß der dem
Könige zu gebende Rat kein andrer sein kann, als mich zurückzurufen."!)
Fürst Hohenlohe an die bayrische Gesandtschaft in
Berlin.
München, 23. April 1867.
Baron Werthern hat mir vor einigen Tagen eine Depesche des Grafen
Bismarck vorgelesen, in welcher die Königlich preußische Regierung zu
wissen wünscht, ob die Königlich bayrische Regierung in eigner, freier
Entschließung bereit sei, die Verantwortlichkeit, welche der Schutz der
Unabhängigkeit Luxemburgs direkt oder indirekt haben kann, mit Preußen
zu teilen. Die Depesche hebt ferner hervor, daß sich die deutschen Regie-
rungen darüber klar werden müßten, was ihrem Interesse entsprechend
sei, entweder die Folgen, die aus der verweigerten Konzession an Frank-
reich erwachsen könnten, zu tragen — und in diesem Falle frage es sich,
ob Bayern gehörig gerüstet sei — oder diese Folgen abzulehnen, in welchem
Falle sich die betreffenden Regierungen erklären müßten, ob sie die Ab-
lehnung des Kriegs und die ihr zugrunde liegende Zustimmung zu einer
friedlichen Politik vor der Oeffentlichkeit zu vertreten entschlossen seien.
Nachdem die Königliche Regierung schon durch die Depesche vom
9. April d. J. ihre Bereitwilligkeit erklärt hat, in ehrlichem Vollzuge des
Separatvertrags vom 22. August 1866 der preußischen Regierung in den
Entwicklungen der Luxemburger Frage zur Seite zu stehen, so folgt daraus,
daß ihr Entschluß auch unabhängig von den ihr zurzeit noch unbekannten
Phasen der in dieser Frage von der Königlich preußischen Regierung
befolgten Politik feststeht. Es dürfte ihr jedoch in diesem Falle um so
weniger eine Verantwortung für den etwaigen Ausbruch des Kriegs zur
Last zu legen sein, als ihr eine Einwirkung auf die betreffenden Ent-
schließungen nicht möglich war.
1) Die Unterredung ist wiedergegeben in der Depesche Beusts vom 19. April
an den Grafen Wimpffen in Berlin, abgedruckt bei Beust, Aus drei Viertel-
jahrhunderten, Bd. II S. 119.