Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 245
Freydorf sowie die Geheimräte Delbrück und Philipsborn, dann den
Legationsrat von Nordeck, der mit Freydorf gekommen war.
Bismarck leitete die Verhandlungen mit einem kurzen Vortrag ein und
gab uns das Protokoll, welches den Standpunkt der Regierung kennzeichnet.
Ich ergriff sofort das Wort, bemerkte, daß ich gekommen sei, um die
Bereitwilligkeit der bayrischen Regierung zu bekunden, sich an den Ver-
handlungen über die Rekonstruktion des Zollvereins zu beteiligen, obgleich
ich von dem Programm und Plan des Gegenstands der Verhandlungen
gar keine Kenntnis gehabt habe, müsse aber bemerken, daß der Standpunkt
der preußischen Regierung, wie er in dem Protokoll ausgesprochen sei,
durchaus nicht mit den Ansichten der bayrischen Regierung übereinstimme.
Der Eintritt unfrer Abgeordneten in das Norddeutsche Parlament sei
eine Einrichtung, die bei uns auf keine Zustimmung rechnen könne. Hierauf
fragte Baron Varnbüler, wie denn die preußische Regierung sich das
legislative Organ zusammengesetzt denke, worauf Bismarck erwiderte:
analog dem früheren Bundestag werde die Einteilung der Stimmen in
dem Bundeszollrat sein. Das legislative Organ sei eine dem Nord-
deutschen Reichstage analoge Körperschaft, gewählt aus direkten Wahlen,
ein Abgeordneter auf 100 000 Einwohner. Die Kompetenz sei bestimmt
durch die Verträge. Er erkläre, daß wenn wir Bedenken trügen, dem
Zollparlament zuzustimmen, Preußen vorziehe, daß wir in Süddeutsch-
land ein eignes Zollgebiet bildeten, das sich dann mit dem Nord-
deutschen Bunde und dem Norddeutschen Zollverein auf möglichst guten
Fuß setzen könne. Preußen werde aber nicht von dem Projekte abgehen.
Die Auflösung des Zollvereins werde die Folge der Nichtannahme sein.
Was die Wahl der Abgeordneten betrifft, so rät Bismarck zu direkten
Wahlen, er überlasse das aber uns und empfehle die Streichung der Diäten.
Ich führte nun aus, daß wir uns ein Zollparlament ganz anders
gedacht hätten. Wir hätten eine Versammlung im Auge gehabt, welcher
das Norddeutsche Parlament und die süddeutschen Kammern gewisse Rechte
abzutreten hätten, welche auf die Zoll= und Handelsangelegenheiten Bezug
haben, nicht aber einen Eintritt in das Norddeutsche Parlament. Nach-
dem Varnbüler und Freydorf sich für die preußischen Vorschläge erklärt
hatten und Dalwigk bemerkt hatte, daß ihm wohl auch nichts andres übrig
bleiben werde, als zuzustimmen, hob Bismarck noch einmal die Vorteile
hervor, die ein Zollvereinsparlament vor der bisherigen Einrichtung haben
werde.
Ich gab zu, daß bezüglich der reinen Zollangelegenheiten solche Vor-
leile nicht zu verkennen seien, müsse jedoch auf die politische Seite der
Frage aufmerksam machen. Die Beschickung des Norddeutschen Parlaments
zum Zwecke der Zollvereinsverhandlungen werde uns nach und nach in