Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 247
mit der Erhaltung der Selbständigkeit des bayrischen Staats unvereinbar.
Nach diesem Artikel sollte die gemeinsame Gesetzgebung über Zölle und
indirekte Steuern durch den Bundesrat des Zollvereins als gemeinschaftliches
Organ der Regierungen und ein Parlament als gemeinschaftliche Vertretung
der Bevölkerungen ausgeübt werden. „Die Uebereinstimmung der Mehr-
heitsbeschlüsse beider Versammlungen,“ sagte der Vertrag, „ist zu einem
Vereinsgesetz erforderlich und ausreichend.“ Bayern widersprach der Ein-
richtung einer gemeinsamen, den Einzelstaat bindenden Gesetzgebung in
Zollangelegenheiten, welche eine Mediatisierung der Einzelstaaten zu bedeuten
schien und wünschte die Entwicklung der gemeinsamen Angelegenheiten des
Zollvereins auf den Weg des Vertrags zu verweisen.
Zur Vertretung dieses Standpunkts wurde der bereits zum Gesandten
in St. Petersburg ernannte Graf Tauffkirchen am 14. Juni noch einmal
nach Berlin gesandt. Er hatte in dem entscheidenden Punkte keinen Erfolg,
erreichte aber zweierlei: daß Bayern im Zollbundesrate sechs statt vier
Stimmen führen solle und daß bei Verhandlungen mit Oesterreich und mit
der Schweiz Vertreter der angrenzenden Staaten zugezogen werden sollten.
Auch wurde für die gesetzgebende Versammlung der Name „Zollparlament"
vereinbart. Mit einem diese Bestimmungen enthaltenden Protokolle wurde
der Vertrag vom 4. Juli vollzogen. Die Unterzeichnung des definitiven
Zollvereinsvertrags durch die Vertreter aller Mächte fand zu Berlin am
8. Juli statt.
Journal.
München, 18. Juli 1867.
Heute nach dem Ministerrat ging ich zu Lutz, um ihm zu sagen, daß
es mit der Vakatur des Justizministeriums nicht mehr länger gehe und
daß ich mich entschlossen hätte, ihn in Vorschlag zu bringen. Er war
davon angenehm berührt, riet aber, die Sache noch bis zur Rückkehr des
Königs von Paris 1) zu verschieben. Ich glaube, er fürchtete, man könne
ihn dann um seine Reise nach Paris bringen. Er klagte dann über den
Minister des Innern und versicherte mir, daß es nicht mehr länger mit
ihm gehe. Die Abgeordneten machten sich über ihn lustig und die An-
gelegenheit mit dem Bürgermeister von Nürnberg breche ihm beim König
den Hals. Dort war ein Herr von Wächter Bürgermeister. Diesen schlug
Pechmann dem König als Regierungsdirektor vor. Der König sagte, er
wolle nicht, denn dann werde in Nürnberg ein Radikaler gewählt und es
entstünden Schwierigkeiten wegen der Bestätigung. Pechmann insistierte
und behauptete, es würde jedenfalls ein Konservativer gewählt, und dann
1) König Ludwig reiste am 20. Juli nach Paris und kehrte am 29. zurück.