250 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870)
die Kosten der Gendarmerie durch Organisation derselben als Zivilinstitut
auf das Doppelte steigen würden, so würde die Kammer jedenfalls für
eine richtig reorganisierte Gendarmerie eher drei Millionen zahlen als für
das gegenwärtige Institut auch nur eine halbe Million bewilligen. Daß
aber die bisherige Ergänzung der Gendarmerie nicht gerade das beste
Material zuführt, daß vielmehr vielfach junge, unerfahrene, mehr dem
Lebensgenusse als dem Dienste ergebene Soldaten nicht die richtige Schutz-
mannschaft sind, darüber herrscht im ganzen Lande nur eine Stimme.
Wenn übrigens die Ergänzung der Gendarmerie bisher so schwierig war,
so ist dies erfahrungsgemäß gerade die Abneigung brauchbarer Elemente,
sich unter das Kommando von Militäroffizieren zu stellen und mit Exer-
zieren und andern für den Sicherheitsdienst völlig unnötigen militärischen
Uebungen und Dienstleistungen behelligt zu werden.
Die militärische Organisation der Gendarmerie reduziert sich nach der
beabsichtigten Reform auf die Beibehaltung der militärischen Disziplin,
die Militärgerichtsbarkeit und die Besetzung der Offizierstellen mit Linien=
offizieren, obwohl auch in dieser Beziehung eine Konzession an das von
dem Unterzeichneten vertretene Prinzip durch die in Aussicht gestellte Be-
förderung von tüchtigen Brigadiers gemacht wird. Die militärische Dis-
ziplin kann selbstverständlich bleiben, ohne daß die Gendarmerie dem
Militärstande angehört; es ist hier nur auf die Grenzzollwache zu ver-
weisen. Die Militärgerichtsbarkeit ist um so unmöglicher aufrechtzuer-
halten, als sie künftig auch bei dem Heere auf ein Minimum beschränkt sein
wird. Es kann sich daher nur noch fragen, ob die Offiziere zur Polizei
oder zum Militärstande gehören sollen. Diese Frage ist aber durch die gar
nicht zu umgehende Konzession entschieden, daß, „sobald die Gendarmerie-
offiziere auf Anordnung des Ministeriums des Innern oder einer Kreis-
regierung zu Zivildienstleistungen kommandiert sind, dieselben den hierbei
erhaltenen näheren Anordnungen pünktlich Folge zu leisten hätten“. Je-
mand Gehorsam gegen die Befehle einer Stelle auflegen zu wollen, welche
ihm nicht vorgesetzt ist, erscheint aber ein innerer Widerspruch und deshalb
völlig untunlich. Ob das Kriegsministerium ein Interesse daran haben
kann, ein Korps zu besitzen, welches weder im Frieden noch in Kriegs-
zeiten zur Armee zugewiesen werden darf, und welches überdies „andern
Militärbefehlshabern als seinen speziellen Vorgesetzten fernerhin nicht mehr
unterstellt sein soll“, also einen Staat im Staate bildet, darf billig bezweifelt
werden, und endlich mag hervorgehoben werden, daß die Sache durch
Einstellung des Budgets der Gendarmerie in das Budget des Ministeriums
des Innern entschieden sein dürfte, denn ein Militärinstitut auf das
Budget des Zivildienstes zu stellen, kann wohl nicht beabsichtigt, jeden-
falls nicht durchführbar sein.