252 Das bayrische Ministerium (I867 bis 1870)
die Regierungspräsidenten, Stadtkommandanten u. s. w., die ich dem
Prinzen Adalbert zur Genehmigung vorlegte (er war zur rechten Zeit
auf der Eisenbahn) und dann absandte. Um 6 Uhr stieg ich zum Prinzen
in den Salonwagen. Wir unterhielten uns ganz gut. Der Prinz ist
recht angenehm und war äußerst liebenswürdig. Seine politischen An-
sichten zeugen von vielem Verständnis.
In Gunzenhausen wollte ich eine Tasse Kaffee trinken, fand aber auf
dem Weg zur Restauration den Revierförster Geiger und mußte deshalb,
da ich denselben, der halb blind war und seiner Augen wegen nach Nürn-
berg reiste, nicht vom Platz bringen konnte, wieder hungrig einsteigen.
Hier fand ich nun den Prinzen vor einem Haufen von zwölf Würsteln,
vielem Brot und einer Maß Bier. Er aß alle zwölf Würsteln! Mir
wurde ganz flau vom Zusehen. Um 12 Uhr waren wir in Nürnberg.
Den offiziellen Empfang hatten wir uns verbeten. So war außer dem
Eisenbahnpersonal in Uniform niemand da. Der Prinz lud mich ein,
mich zu ihm in den Wagen zu setzen. Das Volk begrüßte uns mit sehr
freundlichen Hochrufen. Der Prinz war über diese Manifestationen sehr
erfreut.
Um 1 Uhr war Diner, dem die Generalität beiwohnte. Nach Tisch
war Siesta, wie der Prinz es nennt. Um 4 Uhr besahen wir das Schloß.
Als der Prinz sich aber zu tief in die Marterkammern, unterirdischen
Gänge u. s. w. vertiefte, verlor ich mich mit Moy 1) und machte einen
Spaziergang durch die Stadt, die auffallend belebt war. Ganz Franken
war hierher mit der Eisenbahn gekommen. Als wir wieder auf die Burg
in unfre Wohnung kamen, erhielten wir die Nachricht, daß der Sultan
um 10 Uhr abends ankommen werde.
Demgemäß wurde die Abfahrt von der Burg um 9 Uhr festgesetzt.
Moy und Graf Kreith fuhren voraus. Ich mit dem Prinzen in einem
Galawagen nach.
Die Straßen waren voll von Menschen, Kopf an Kopf. Wir warteten
im königlichen Salon. Pünktlich um 10 Uhr wurde das Zeichen gegeben,
daß der Zug nahe. Bald kam er unter atemloser Spannung der Menge
herein. Die Musik fing an zu spielen. Der Zug konnte lange nicht auf
den richtigen Platz kommen, um dem Sultan das Aussteigen auf dem
Teppich vor dem Prinzen zu ermöglichen. Unterdessen hatte das Publi-
kum die Dächer der Waggons erklettert, um das Aussteigen mitanzusehen,
zum großen Aerger des türkischen Gesandten in Berlin, der früher aus-
gestiegen war und dem diese Nürnberger Rücksichtslosigkeit sehr mißfiel.
Endlich konnte der Wagen geöffnet werden. Der Sultan, ein kleiner
1) Oberzeremonienmeister von Moy.