Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 253
Mann mit schwarzem Bart und freundlichen schwarzen Augen, stieg aus,
Der Prinz geleitete ihn in den Salon, hielt ihm dort eine stattliche An-
rede in französischer Sprache, die Ferad Pascha übersetzte. Während der
Anrede des Prinzen kratzte sich der Sultan den Bart und sah sehr gelang-
weilt aus. Erst als ihm Ferad die Rede übersetzt hatte, antwortete er
sehr leise, worauf der Prinz wieder einige höfliche Worte erwiderte. Dann
stellte uns der Prinz dem Sultan vor; als er meinen Namen nannte,
reichte der Sultan mir die Hand, ich stand aber so weit, daß ich erst
nach einem wie Bescheidenheit aussehenden Zögern die Hand ergreifen
konnte. Nachdem die Vorstellung beendigt war, bestieg der Sultan den
Wagen; erst wollte er Ferad im Wagen haben, der Prinz aber drang
sehr artig darauf, die Ehre haben zu dürfen, mit ihm zu fahren, und
Ferad, der in der Nähe sein mußte, wurde nun sofort von mir eingeladen,
in den nächsten zweisitzigen Wagen einzusteigen. Ich setzte mich zu ihm, überließ
Graf Zech, für die kaiserlichen Prinzen, die noch irgendwo in einem Wagen
sitzengeblieben waren, zu sorgen, und wollte fortfahren lassen. Nun er-
klärte aber Ferad Pascha, der premier chambellan müßte auch mit, so
daß wir denselben zwischen uns einklemmten. Wir kamen durch die furcht-
bare Volksmenge endlich glücklich im „Bayrischen Hof“ an. Die Leute waren
ziemlich anständig, johlten nur bisweilen und guckten mit der größten
Neugierde in die Wagen, waren natürlich desappointiert, wenn sie meine
bayrische Uniform statt des erhofften Turbans zu sehen bekamen.
Im Hotel ging der Prinz mit dem Sultan in einen besonderen
Salon. Ich wurde ebenfalls eingeladen, mich dozu zu setzen. Der Sultan
saß auf einem Kanapee, hatte ein Bein untergeschlagen und unterhielt
sich mit Hilfe Ferad Paschas mit uns. Bald darauf sagte der Prinz:
„Ich denke, jetzt könnten wir gehen.“ Worauf dann allgemein Auf-
bruch war.
26. Juli.
Der Sultan hatte sich gestern entschlossen, in Nürnberg bis heute
Mittag zu bleiben. Wir konnten also ausschlafen, was um so wünschens-
werter war, als das Souper mit dem Prinzen Adalbert bis 1 Uhr dauerte.
Heute früh kam die Nachricht, daß König Otto ) heute Nacht versehen
worden sei.:) Das wird wieder viel zu tun geben.
Um 11 Uhr fuhr ich mit Moy hinunter. Wir besuchten erst Ferad
Pascha. Dann als der Prinz nachkam, ging ich hinunter, um dem Ab-
schiedsbesuch des Prinzen beim Sultan beizuwohnen. Der Sultan saß mit
dem Prinzen auf einem Kanapee. Eine Türe, die auf den Balkon ging,
war offen, so daß die Nachbarn und sogar einzelne aus dem Volk auf
1) Von Griechenland, der in Bamberg residierte.
2) Mit den Sterbesakramenten.