Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 259
worauf ich erwiderte: „La presse chez nous est encore tres peu
civilisèée.
Lachend antwortete er: „Oui, chez nous aussi elle n'est pas très
civilisée.“
Dann fuhr er ernsthaft fort, er hoffe, daß der Friede erhalten werde.
Er sei immer für den Frieden, die Menschheit bedürfe des Friedens, und
der Gedanke, daß die Vergrößerung und Kräftigung eines Landes eine
Drohung für einen Nachbarstaat sei, „est passée de mode . Viel hänge
freilich von Preußen ab. Die öffentliche Meinung in Frankreich sei leicht
irritiert, und es komme darauf an, ob Preußen den Norddeutschen Bund
noch weiter ausdehnen wolle. Ich erinnerte nun daran, daß Bismarck
selbst erklärt habe, er könne uns nicht brauchen. „Oui, M. de Bismarck,“
antwortete der Kaiser, „am’'a aussi parlé avec beaucoup de modération,
mais,“ fügte er lächelnd bei, „il prétend que ce sont les Etats du midi
qdui le forcent à aller plus loin."“
Ich erwiderte, daß dies Drängen nur von einer Partei ausgehe, und
daß man sich im allgemeinen in betreff des Eintritts in den Norddeutschen
Bund abgekühlt habe.
Dann sagte er, indem er mich halb fragend ansah: „e regrette que
vous nD’ayez pu former la confédération (oder union) des Etats du midi
de lAllemagne. Mais C'était impossible?“ Ohne auf die Frage
näher einzugehen, verwies ich auf die materiellen Interessen, die uns mit
dem Norden von Deutschland verbinden, und bemerkte, daß die Abneigung
gegen einen Süddeutschen Bund zum Teil ihren Grund in der Befürchtung
fände, daß dadurch diese materiellen Interessen geschädigt werden könnten.
Er wiederholte dann nochmals die Friedensversicherungen, und ich benutzte
die Gelegenheit, zu sagen, daß eine Einigung von Oesterreich, Preußen
und dem übrigen Deutschland und eine Allianz dieser Konföderation mit
Frankreich jedenfalls das beste Mittel zur Erhaltung des Friedens und
zum Schutze der Zivilisation sei. Was der Kaiser beifällig aufzunehmen
schien, indem er sagte: „Oui, la civilisation est bien menacée.“ Er sprach
noch von den Gefahren der sozialen Bewegung und brach dann das
Gespräch ab.
Darauf kam die Kaiserin, die mir von meinem Bruder 1) und meiner
Schwägerin in Salzburg, von meiner Familie u. s. w. sprach, und daran
eine längere Unterhaltung über die Urlaube der Minister knüpfte, bis der
Kaiser kam und erinnerte, daß es Zeit sei, abzureisen. Er bedauerte,
nicht länger mit mir sprechen zu können, trug mir auf, dem König seinen
Dank auszusprechen, worauf ich den Waggon verließ. Mit mir war noch
1) Dem österreichischen Obersthofmeister Prinzen Konstantin zu Hohenlohe.