Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 263
Ministerialrat von Lutz an den Fürsten Hohenlohe.
Hohenschwangau, 10. September 1867.
Einen Tag nach Ihrem Schreiben vom Anfang dieses Monats kam
das Schreiben Eurer Durchlaucht an Seine Majestät den König nebst dem
beigebogenen Briefe des Großherzogs von Baden dahier an. Ich werde
kaum Ursache haben, Eurer Durchlaucht näheres über die Aufnahme der
Sache an der entscheidenden Stelle zu schreiben. Daß ich gefaßt darauf
war, manche Rede halten zu müssen, wenn es zur Annahme der Einladung
nach Mainau kommen sollte, werden Eure Durchlaucht ohnedies sehr wohl
ermessen können. Ich habe es denn auch nicht daran fehlen lassen, alle
Gründe für die Reise nach Mainau ins Feld zu führen und so namentlich
den Beweggrund, welchen Eure Durchlaucht mir an die Hand zu geben
die Güte hatten, und welcher von der Rührigkeit des Herrn von Varn-
büler hergenommen ist — aber bis jetzt vergebens. Bis heute wurden jeden
Tag die Gründe für und wider in Erwägung gezogen; die Gründe gegen
die Reise wurden aber von Seiner Majestät mit so viel Schärfe aufgesucht
und ward denselben so großes Gewicht beigelegt, daß ich heute endlich
den Befehl erhielt, Eurer Durchlaucht zu schreiben, Seine Majestät zögen
es vor, die Einladung nach Mainau dankend abzulehnen. Seine Mojestät
haben mir befohlen, Eurer Durchlaucht folgendes dabei zu sagen: nach
der Ansicht Seiner Majestät gehe aus der Zeit der Einladung und aus
den Motiven des Großherzogs unzweideutig hervor, daß die Absicht dahin
gehe, mit der Zusammenkunft in Mainau eine politische Demonstration
gegen die Salzburger Zusammenkunft zu machen, welche etwa dahinaus-
laufe, daß die süddeutschen Fürsten laut vor aller Welt ihre Abneigung
gegen die Teilnahme an einem französisch-österreichischen Bündnisse und
gegen jede Einmischung Frankreichs und Oesterreichs in die deutschen
Angelegenheiten, anderseits aber ihr Festhalten an Preußen und an dem
Bestreben nach dem Anschlusse Süddeutschlands an Norddeutschland
dokumentieren wollten, alles dieses selbst auf die Gefahr hin, daß dies
von Frankreich oder Oesterreich übel vermerkt werde. In welchem Sinne
eine solche Trutzerklärung von dem Großherzoge aufgefaßt werde, dafür
gebe die badische Thronrede genügenden Aufschluß. 1) Nun sei zwar Bayern
sicher nicht gewillt, französisch-österreichische Bündnisse zu suchen, sondern
wolle ehrlich und treu an dem abgeschlossenen Bündnisse festhalten, aber
auf den Standpunkt des Großherzogs könne sich Seine Majestät deshalb
1) In seiner Thronrede vom 5. September hatte der Großberzog gesagt:
„Die Friedensverträge haben . .Preußen an die Spitze des Norddeutschen
Bundes gestellt und den süddeutschen Staaten vorbehalten, eine nationale Einigung
mit diesem Bunde einzugehen. Mein Entschluß steht fest, dieser nationalen Einigung
unausgesetzt nachzustreben.“