Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 273
wir wollen kein Verfassungsbündnis der süddeutschen Staaten unter der
Führung Oesterreichs; wir wollen keinen südwestdeutschen Bundesstaat,
der für sich abgeschlossen wäre oder sich gar an eine nichtdeutsche Macht
anlehnte; wir wollen ebensowenig eine Großmachtspolitik und glauben
nicht, daß Bayern in einer Vermittlerrolle das Endziel seiner Politik zu
suchen hat.
Das ist es, was wir nicht wollen.
Was wir aber wollen, und was wir auch ferner anstreben werden,
ist die nationale Verbindung der süddeutschen Staaten mit dem Nord-
deutschen Bunde, und damit die Einigung des zurzeit getrennten Deutsch-
lands in der Form eines Staatenbundes.
Es ist dies dasselbe, was die Nikolsburger Präliminarien und der
Prager Frieden anerkennen.
Meine Herren! Ich sage nicht Verbindung Bayerns mit dem Nord-
deutschen Bunde, ich sage Verbindung der süddeutschen Staaten. Und
ich wünschte, daß darüber vollständige Klarheit herrsche. Wie sich die
Verhältnisse jetzt gestaltet haben, wäre es nach meiner Ueberzeugung weder
politisch korrekt noch zweckmäßig noch auch — man gebe sich keinen Illu-
sionen hin — in friedlicher Weise durchführbar, daß einzelne Staaten
südlich des Mains mit Norddeutschland in nähere Verbindung träten.
Das nationale Band, das zwischen uns und dem Norddeutschen Bunde
geschaffen werden soll, muß den ganzen Süden umfassen. Nur in dieser
Form ist es zulässig und zurzeit erreichbar.
Hiermit habe ich Ihnen, meine Herren, dargelegt, nach welchen Grund-
sätzen ich die auswärtige Politik Bayerns bisher geführt habe, und das
Ziel bezeichnet, welches die Staatsregierung zu erreichen bestrebt ist.
Sie werden bei Beratung der Ihnen heute gemachten Vorlagen Ge-
legenheit haben, sich auszusprechen, ob der Weg, den die Staatsregierung
eingeschlagen hat, den Ansichten des Landes entspricht.
Welches Urteil Sie aber auch über meine politische Tätigkeit fällen
mögen, darin werden Sie mit mir übereinstimmen, daß das Band nicht
zerrissen werden darf, welches die materiellen Interessen Deutschlands
sichert und ohne welches eine nationale Verbindung irgendeiner Art
unbedingt nicht gedacht werden kann.
Die Rede des Fürsten wurde in Berlin gut ausgenommen. Die
amtliche Provinzial-Korrespondenz erkannte in der Erklärung des Fürsten
ein ernstes nationales Streben und hoffte, die Politik des bayrischen
Ministerpräsidenten werde für die weitere Entwicklung der deutschen Sache
von wichtigen Erfolgen sein. Preußen lege weniger Wert auf Namen,
unter welchen die nationalen Beziehungen gepflegt werden, als auf die
Fürst Hohenlohe, Denkwürdigkeiten. 1 18