Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 311
Ich machte dagegen darauf aufmerksam, daß Preußen nicht darauf ein-
gehen werde. Varnbüler wünschte zu wissen, ob ich nichts dagegen hätte,
ohne Zweifel, um sich darauf bei Bismarck zu berufen. Ich setzte indessen,
da ich morgen abreise, Perglas davon in Kenntnis, um zu überwachen,
was Varnbüler tut.
Bluntschli war bei mir, um mir zu sagen, daß doch nun etwas ge-
schehen müsse, um die nationale Sache zu fördern, man könne aber nichts
tun ohne Bismarck, und Bismarck habe Rücksichten auf Bayern, und des-
halb komme viel auf uns an. Er führte dann aus, daß es für Baden
und Hessen unmöglich sei, länger so zu bleiben, wie sie jetzt sind, Bismarck
würde sie auch in den Norddeutschen Bund aufnehmen, kümmere sich gar
nicht um Frankreich, wohl aber um Bayern. Ob man uns denn nicht
etwas bieten könne, eine Ausnahmestellung, wodurch wir so bevorzugt
wären, daß wir dann uns leichter in eine Verbindung einlassen könnten.
Bayern sei ein Staat von berechtigter Bedeutung, den man nicht ebenso
wie Baden und Hessen behandeln könne.
Auf meine Frage, was er sich denn unter der bevorzugten Stellung
Bayerns denle, sagte er, die Diplomatie und das Heer könne man Bayern
belassen und dem König ein Ehrenamt einräumen, etwa ein Reichsvikariat.
Ich setzte ihm auseinander, daß es sehr schwer sei, diese Konzessionen als
genügend darzustellen. Die Gegner des Eintritts in den Norddeutschen
Bund würden sich dadurch nicht bestimmen lassen. Die Dynastie würde
nicht, um einer Eventualität zu entgehen, die noch nicht feststehe, etwas
sicheres Unangenehmes annehmen. Uebrigens stellte ich ihm anheim, mir
einmal schriftlich seine Ansichten mitzuteilen. Roggenbach, den ich nachher
sprach, war entgegengesetzter Ansicht. Er meinte, man solle jetzt gar nichts
tun. Es sei gar kein Grund dazu vorhanden.
Berlin, 24. Mai 1868.
Bei meinem Abschiedsbesuch bei Bismarck kam zunächst die Rede auf
das Zollparlament, auf dessen Erfolg, auf die Thronschlußrede, die den
Nationalliberalen nicht gefallen habe, was Bismarck mit einem gewissen
Empressement hervorhob, und dann lenkte ich das Gespräch auf die Militär-
und Festungsfrage. Er wiederholte in dieser Beziehung, was er mir
schon gesagt hatte, daß er nämlich vorziehe, wenn die Beratungen mit
dem bayrischen Militärbevollmächtigten allein ohne den württembergischen
gepflogen würden, da aus einer gemeinschaftlichen Beratung leicht Be-
unruhigung der öffentlichen Meinung hervorgehen könnte. Was die
Festungsfrage betreffe, so legt er augenscheinlich großen Wert auf die
Auseinandersetzungskommission und bat, die Sache nicht fallen zu lassen.
Ueber die militärische Bedeutung von Ulm sprach er sich nicht deutlich