Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

312 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
aus, doch schien aus seinen Aeußerungen die Befürchtung hervorzugehen, 
daß, wenn wir Ulm ganz an Württemberg überließen und nicht vorher 
die Festung ganz eingelegt würde, dann Oesterreich bei Gelegenheit die 
Hand darauf legen würde. Wie bedenklich überhaupt die Stellung von 
Oesterreich gegenüber von Bayern sei, suchte er nachzuweisen, indem er 
erzählte, daß man in Nikolsburg sich zu einer Abtretung von Oesterreichisch- 
Schlesien bereit erklärt habe, wenn man dafür die Grenze an den Inn 
verlege; ebenso hätten kühne Politiker in Nikolsburg von einer Abtretung 
des alten österreichischen Württembergs vom Schwarzwald bis Ulm ge- 
sprochen. Jedenfalls muß bei der Auseinandersetzung von dem Besatzungs- 
recht Bayerns in Ulm gesprochen werden. Es ist gut, daß wir uns 
Varnbüler gegenüber nicht weiter gebunden haben, als wir es taten, und 
es ist notwendig, daß wir bei der Beratung mit den württembergischen 
Kommissaren nicht das Geringste aufgeben, da uns Preußen aus Furcht 
vor der künftigen Besetzung Ulms durch Oesterreich entschieden unterstützen 
wird. Die Zusammenberufung der Liquidationskommission wünscht Bismarck 
nicht vor Ende August, da er ihr doch eine so große Wichtigkeit beilegt, 
daß er nicht gut ohne Kenntnis des dort Vorgehenden bleiben möchte und 
seinen Urlaub nicht früher unterbrechen will. 
Ich fragte dann, ob seit der Eröffnung des Grafen Wimpffen über 
das Gespräch zwischen mir und Beust im November die Frage des süd- 
deutschen Bundes nicht von österreichischer Seite wieder angeregt worden 
sei. Er bemerkte natürlich, daß ich die Frage nur deshalb gestellt hatte, 
um zu wissen, was er zu dem süddeutschen Bunde sage, und erklärte 
sofort, er selbst sei eigentlich gar kein Gegner desselben, er teile nicht die 
Ansicht, daß dadurch die Trennung Deutschlands, die Verewigung der Main- 
linie geschaffen werde, führte dies aber nicht weiter aus. Doch fügte er 
bei, wenn er sich nicht dafür aussprechen könne, so liege der Grund darin, 
daß er damit die öffentliche Meinung und insbesondere die National- 
liberalen verletzen würde, die darin ein Attentat auf die Einigung der 
deutschen Stämme erblickten. Er erkenne im Gegenteil darin ein Mittel 
zur Verständigung. Auf meine Bemerkung, daß eine Verständigung zwischen 
Preußen und Oesterreich von Bedeutung sei, um diesen Plan zu fördern, 
sagte er, daß Beust sich immer zurückhaltend benehme, daß er die Tauff- 
kirchensche Mission falsch dargestellt und nicht benützt habe, daß die Folge 
davon eine engere Verbindung zwischen Rußland und Preußen gewesen 
sei. Er verkannte nicht die Rücksicht, die Beust den Franzosen schuldig 
war, bedauerte aber, ob nun aufrichtig oder nicht, daß eine Annäherung. 
zwischen Preußen und Oesterreich bis jetzt nicht möglich gewesen sei. Was 
die Kriegsfrage anbetrifft, so wiederholte er mir, was er bereits früher 
gesagt, daß die Franzosen nur 320 000 Mann ins Feld stellen könnten,
	        
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