Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

314 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
Ein harmonisches Bild bietet die Erinnerung an den König Max II., 
dessen warme Begeisterung für Wahrheit und Recht, dessen freund- 
liche Milde, dessen sorgsame Gewissenhaftigkeit ihn stets die Mittel 
finden ließen, den Frieden mit seinem Volke zu erhalten oder, wenn er 
erschüttert war, ihn wieder zu festigen. 
Und über diesem ganzen Fürstenhause schwebt ein Geist der Treue, 
der die Versuchung fernhält, die da drehen und deuten möchte an dem 
gegebenen Fürstenwort. 
So ist unser allergnädigster König und Herr, des jetzt regierenden 
Königs Ludwig II. Majestät, unter Auspizien erhabener Vorbilder an die 
Regierung getreten. 
Auch ihm ward eine reiche Fülle geistiger Gaben zuteil, in höherem 
Maße vielleicht als irgend einem seiner Vorgänger. Wir sehen darin um so 
mehr eine sichere Gewähr für die Zukunft, als es dem Könige in der kurzen 
Zeit seiner Regierung gelungen ist, die Fortbildung unsrer inneren Zustände 
in einer Weise zu fördern, die zu den schönsten Hoffnungen berechtigt. 
Und wie heute der König in edeln Worten an sein Volk es ausgesprochen 
hat, „daß auch er nach dem Vorbild seiner Ahnen das Banner der Ver- 
fassung hochhalten werde“, so bringen wir ihm heute den Ausdruck des 
Dankes, der Verehrung und der Liebe dar, der Liebe seines Volkes, die 
das wahre Fundament jedes Fürstenthrones ist. 
Bericht des bayrischen Gesandten in Berlin, Freiherrn 
von Perglas. 
Berlin, 25. Mai 1868. 
Nachdem Eure Durchlaucht bereits mündlich von mir über eine Mit- 
teilung des französischen Botschafters in Berlin unterrichtet worden sind, 
ermangle ich nicht, dieselbe hier schriftlich vorzutragen. 
Herr Benedetti kam gestern zu mir und beklagte sich formell über 
den Ausdruck eines Passus in der Rede, welchen Eure Durchlaucht bei 
dem Feste in der Börse gebraucht hätten, als Hochdieselben nämlich von 
„angeblich zivilisatorischer Mission einer andern Nation“ gesprochen hätten. 
Da durch den öffentlichen Beifall, welcher diesem Gedanken und seiner 
Fassung gezollt worden sei und durch die hier desfalls verbreitete und 
geltende Ansicht der Passus unverkenntlich sich auf Frankreich beziehe, be- 
daure er lebhaft, daß Eure Durchlaucht sich bewogen gefunden hätten, 
diesen Ausdruck als Minister von Bayern öffentlich zu gebrauchen, denn er 
werde von der Presse ausgebeutet und wegen des noch verletzenderen 
Worts „angeblich“ in Frankreich einen sehr übeln Eindruck verursachen. 
Er müsse dieses Verfahren Eurer Durchlaucht als nicht „courtois“ be- 
zeichnen, insbesondere im Hinblick auf die äußerste Reserve der fran-
	        
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