Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 319
erkundigte sich, ob die Bukette, die er mir von Hohenschwangau gesandt,
richtig und gut angekommen seien, worauf ich Gelegenheit nahm, ihm
nochmals dafür zu danken. Wir sprachen dann von meinem Aufenthalt
in Berlin, ich erzählte, daß ich bessere Eindrücke mit weggenommen hätte,
als ich anfangs gefürchtet, daß man die staatliche Berechtigung Bayerns
auch in der nationalliberalen Partei anerkenne, daß man einsehe, Bayern
sei zu groß, um in ein Verhältnis zum Norddeutschen Bund wie Sachsen
oder Mecklenburg zu treten, jedenfalls, sagte ich, sei zurzeit nichts von
Preußen zu befürchten. Es kam dann die Rede auf die ultramontane
Partei, über die sich der König sehr ungehalten zeigte. Ich hob hervor,
daß man sie im Interesse der Dynastie gebrauchen, sie aber stets sich vom
Leibe halten müsse. Die Ultramontanen hätten die Absicht, Bayern an
Oesterreich zu bringen, man könne ihnen also nicht trauen. Das sah der
König ein. Als ich bemerkte, daß diese Partei auf meinen Sturz hin-
arbeite und ein neues Ministerium schon fertig habe, sagte er, daß die
Ernennung der Minister von ihm abhinge. Ueber meinen Toast am
Tage des Verfassungsfestes äußerte er sich sehr zufrieden und hob be-
sonders die schwungvolle Sprache hervor. Dann sprach er von den
Ministern, sagte, daß ich dieselben mehr beherrschen müsse, sie müßten tun,
was ich wolle, da ich Ministerpräsident sei. Ich erwiderte, daß dazu nur
das Vertrauen des Königs und der Beweis nötig sei, daß ich das Ver-
trauen des Königs hätte, dies geschähe am besten, wenn er mich öfters persön-
lich sähe und mir direkt seine Aufträge an den Ministerrat erteile. Auf den
Besuch des Prinzen Napoleon übergehend, meinte er, daß man ja die üble
Laune des Kaisers (wenn dieselbe hervorgerufen sei dadurch, daß er den
Prinzen nicht empfangen habe) dadurch beschwichtigen könne, wenn er
ihm einen höflichen Brief schreibe. Ich bestritt dies und sagte: „qui
s'excuse, s'accuse,“ auch ließe sich jetzt nichts machen; wolle der König
später etwas tun, um den französischen Hof zu gewinnen, so könne dies
durch einen kurzen Besuch in Paris am besten geschehen. Als ich ihm
sagte, daß der Prinz Napoleon sehr bedauert habe, ihn nicht zu sehen, da
er schon so viel von Seiner Majestät gehört habe, so schien ihn das zu
wurmen, und er kam öfters darauf zurück. Es war dann noch von den
„Meistersingern“ die Rede, die am 21. aufgeführt werden sollen, von
Wagner und von Frau von Bülow. Schließlich bat ich um Urlaub auf
vierzehn Tage.
Abends kam Gustav Castell zu mir ins Theater. Er erzählte, daß
ihm Holnstein gesagt habe, ich stünde jetzt wieder fest beim König, nach-
dem ich vor einigen Wochen gewankt hätte. Holnstein habe erzeählt,
Lipowsky habe mit Platen unterhandelt, der mich ersetzen solle. Dies
muß aber ein Mißverständnis sein. Ich glaube eher, daß man mit Windt-