Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 333
einbarungen über die Beteiligung des Norddeutschen Bundes ins Leben
treten sollte. Hieran anknüpfend erklärte Württemberg nunmehr, daß der
Abschluß des Vertrags vor dem Beginne der Liquidationsverhandlungen
keinen Sinn mehr habe. Auch sei es sachgemäß, die Einräumungen zu-
gunsten Preußens und des Norddeutschen Bundes vor Bildung der
Festungskommission in Verhandlungen mit dem Norddeutschen Bunde fest-
zustellen. Gegen den bayrischen Vorsitz in der Festungskommission wurde
eingewendet, daß hiermit der Schein einer bayrischen Hegemonie in Süd-
deutschland hervorgerufen werde. Schließlich einigte man sich dahin, daß
die in Artikel 7 des Vertrags aufsgenommenen Einräumungen zugunsten
Preußens wieder gestrichen wurden, worauf Baden diesen Satz in den
Vorbehalt aufnahm, mit dem es dem Vertrage zustimmte.
Journal.
München, 4. Oktober 1868.
Gestern kam Herr von Baur, der württembergische Legationssekretär,
zu mir und brachte mir eine Depesche seines Ministers, von der er eine
Abschrift zurückließ, die so abgefaßt war, daß ich annehmen mußte, daß
Württemberg die Verhandlungen über die Festungskommission ganz ab-
brechen wolle. Ich konnte mir dieselbe, die im Widerspruch mit früheren
Aeußerungen Varnbülers stand, nicht zusammenreimen, und teilte sie
Völderndorff mit, der sofort zu extremen Schritten riet. Ich legte sie
indessen ruhig beiseite und wartete auf die Ankunft des württembergischen
Bevollmächtigten, der auch heute ankam. Im Laufe der Konversation mit
demselben zeigte es sich, daß seit dem Abgang jener Depesche in Stuttgart
wieder ein Umschwung stattgefunden hat, und nun erklärt sich Württem-
berg bereit, auf den Abschluß des Vertrags einzugehen, wenn der Vertrag
bezüglich der Stellung von Preußen in einer Art modifiziert wird, daß
die eigentliche Feststellung des Verhältnisses der süddeutschen Festungen
zum Norddeutschen Bund bis zur Verhandlung der Liquidationskommission
ausgesetzt bleibt. Ich bedaure dies, weil bei der Liquidationskommission
Preußen eine Pression ausüben wird, aber Scheurlen erklärte, daß man
diese Pression in Stuttgart nicht fürchte, und sich derselben lieber aus-
setze, als daß man selbst ein Angebot mache. Wir riskieren am Ende
wenig dabei, und da dies das einzige Mittel ist, die Kommission zustande
zu bringen, so werde ich die Modifikation annehmen.
Vor ½2 Uhr fuhr ich zum Empfang auf dem Oktoberfest. Ich nahm
Oettingen mit mir, der keinen Wagen hatte. Wir kamen gegen ½2 Uhr
hinaus. Dort fanden wir das diplomatische Korps und einige andre
uniformierte Herren im Zelt. Der König kam um 2 Uhr und wurde mit
Hurra empfangen. Erst sprach er mit dem diplomatischen Korps und