Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

26 Aus der Jugend (1819 bis 1847) 
Man darf es sich nicht verhehlen: eine kleine Veranlassung, und wir haben 
Aufstand. Einer reißt den andern fort. Das Militär ist unzuverlässig. 
Wer soll den Strom aufhalten, wenn er den Damm durchbricht und 
brausend über Wiese und Feld dahinströmt! Wer jetzt nicht seinen Kopf 
oben hält, wer nicht mit Macht daran arbeitet, sich eine tüchtige Bildung 
zu verschaffen, ist verloren. Denn es wird eine Zeit kommen, wo auf 
den Stand nicht mehr gesehen wird, wo sich Hohe und Niedere im freien 
Wort gegenseitig bekämpfen müssen. Die Pflicht der Aristokratie ist, sich 
zu waffnen, nicht mit Schild und Speer, sondern mit dem Wort voll 
Kraft, das sie aus der Wissenschaft schöpfe, damit sie eine feste, wahre 
und undurchdringliche Stütze für den Thron und für sich selbst sein könne. 
Wir sind die Bäume, auf die die Untergehenden sich bei der Wasserflut 
retten können. Sehen wir zu, daß unsere Wurzeln nicht morsch werden, 
sondern auf festem Grund und Boden stehen! 
An die Mutter. 
Berlin, 15. Juli 1844. 
Bei Hofe bin ich fast alle Sonntage zum Diner und habe mir zu 
meinem Erstaunen die Gunst der hohen Herrschaften erworben. Der König 
offerierte mir gestern sogar seine Dose, aus der ich mit Begeisterung eine 
Prise nahm. 
„Mitte Juli.“ schreibt das Tagebuch, „reiste ich nach Corvey und 
empfand dort recht wieder den Unterschied der Luft. Hier Geist und 
Körper niederdrückend, dort erhebend. Dazu kam die freundliche Ver- 
einigung mit Viktor, Gustav und Konstantin.1) Dann bis zum Oktober 
ruhiges und ungestörtes Leben in Potsdam. Parforcejagden, Ende mit 
Schrecken. Im Dezember nach Rauden. Frohes, inniges und unvergeßliches 
Zusammenleben mit Mama, Philipp Ernst, Konstantin und Gustav. Am 
8. Januar 1845 nach Berlin. Interessanter Karneval, Krollsche Romantik, 
Eisbahn, Hoffeste. Viktors Ankunft. Freude über sein Glück.“?) 
An die Mutter. 
Berlin, 17. Januar 1845. 
Gestern erhielt ich einen Brief von Viktor mit der Nachricht, daß er 
erst am 20. hierherkommen wird. Zugleich bestätigte er meine Landtags- 
vertretung.3) Ich gehe dann mit Viktor zusammen nach Breslau. Wie 
  
1) Der jüngste der Brüder, geboren 8. September 1828. 
2) Infolge der Verlobung mit der Prinzessin Amalie von Fürstenberg. 
3) Im schlesischen Provinziallandtag.
	        
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