350 Das bayrische Ministerium (I867 bis 1870)
Bayern sich zur Ablösung seines Anteils veranlaßt sehen, die Königlich
bayrische Regierung wird an dem Schutz= und Trutzbündnis loyal fest-
halten. Die durch jene Bündnisse geschaffene nationale Gemeinsamkeit in
der Verteidigung deutschen Bodens steht nach unfrer Ueberzeugung so
über allen Zweifel erhaben, daß verschiedene Ansichten über jene Detail-
fragen in keiner Weise dieses feste Band erschüttern können.
Ich freue mich, aus der Mitteilung des Freiherrn von Werthern zu
entnehmen, daß Graf Bismarck in dieser Hinsicht mit mir die gleiche An-
schauung teilt. Was nun die Grundsätze betrifft, von welchen bei der
Regelung des gemeinsamen Festungsmaterials ausgegangen werden dürfte,
so eröffnet die Mitteilung des Freiherrn von Werthern die Aussicht, daß
sich die Königlich preußische Regierung darin mit der Königlich bayrischen
Regierung werde einverstanden erklären können, daß die Verwaltung
jenes Materials keine mit dem Norddeutschen Bunde gemeinsame sein solle.
Der Ansicht der Königlichen Regierung würde es mehr entsprechen,
wenn die Verwaltung des in Süddeutschland gelegenen Materials nicht
den süddeutschen Territorialregierungen, wie dies im Protokoll vom
10. Oktober v. J. vereinbart wurde, sondern der Festungskommission selbst
übertragen würde. Nur um dem Wunsche Badens nachzukommen, hat
sich die Königliche Regierung jener Fassung des Protokolls angeschlossen.
Wie indessen diese Regelung auch stattfinden mag, darin waren die süd-
deutschen Regierungen einig, daß dem Norddeutschen Bunde als Miteigen-
tümer eine Beteiligung an der Oberaufsicht des gemeinschaftlichen Materials
zugestanden werden müsse. Es dürfte nicht schwer sein, eine Form zu
finden, in welcher diese gegenseitige Inspizierung des Materials, welches
in den früheren Bundesfestungen lagert, stattfinden könnte. Ich gebe mich
also der Hoffnung hin, daß die etwa bestehenden Differenzen in der An-
schauung der beiden Regierungen bald gelöst werden können, und füge
noch bei, daß es wohl am zweckmäßigsten sein würde, die süddeutsche Festungs-
kommission sofort ins Leben treten zu lassen, nachdem durch eine zwischen
den süddeutschen Staaten und dem Norddeutschen Bunde getroffene Ver-
ständigung die in Artikel VII des Vertrags vom 10. Oktober v. J. vor-
behaltene Beteiligung des Norddeutschen Bundes an der Oberausfsicht über
die Verwaltung des Festungsmaterials geregelt sein wird.
Indem ich E. H. bitte, diese Depesche zur Kenntnis des Herrn
Grafen von Bismarck zu bringen u. s. w.
Diese Verhandlungen mit Preußen führten zu keinem Ergebnis. Im
März 1869 erklärte der preußische Gesandte, daß Graf Bismarck jeden-
falls der schleunigen Einberufung der Liquidationskommission entgegensehe.
Am 9. März konferierte Fürst Hohenlohe auf Befehl des Königs mit