Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

368 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 
Majestät der König ihm sein Allerhöchstes Vertrauen bewahrt, die Geschäfte 
niederzulegen, und noch viel weniger, eine andre als die bisherige Politik 
im Innern sowohl als nach außen einzuschlagen. Was insbesondere die 
Gesetzgebung in inneren Angelegenheiten betrifft, so ist allerdings bei der 
voraussichtlich schwankenden Majorität zurzeit ein weiteres Vorangehen 
in den Reformbestrebungen nicht wohl tunlich; es ist dies aber auch 
keineswegs nötig. Denn es wird nur zum Besten des Landes dienen, 
wenn die vielen umfangreichen neuen Gesetze allmählich sich in dem sozialen 
Leben einzubürgern Zeit haben, wenn eine Pause in der bisherigen Frucht- 
barkeit der Legislation eintritt, und wenn man eine Konsolidierung der 
bisherigen Erfolge abwartet, ehe man mit Neuerungen weiter vorangeht. 
Daß aber die bisherigen Errungenschaften wieder aufgehoben würden und 
eine den Bestrebungen der letzten Jahre entgegenarbeitende Strömung in 
der Gesetzgebung Platz greifen könnte, dazu reicht die Macht der klerikalen 
Partei in der Kammer nicht aus; ganz abgesehen davon, daß sich jetzt 
schon Anzeichen finden, es werde sich alsbald innerhalb dieser 77 klerikal 
Gewählten eine Scheidung vollziehen, indem hierunter eine große Anzahl 
wohldenkender, ruhiger und patriotischer Männer zu zählen sind, welche 
keineswegs geneigt sein werden, die Zwecke der extremen Parteiführer 
mitzuverfolgen. 
Die äußere Politik der Regierung hat, wie ich bereits oben erwähnt 
habe, materiell die Zustimmung des Landes gefunden, und es wird deshalb 
das Ministerium wie bisher auch fortan bestrebt sein, die Selbständigkeit 
der Krone im vollsten Maße zu wahren, ohne dabei die Aufgabe aus den 
Augen zu lassen, welche die Friedensverträge des Jahres 1866 für die 
künftige Entwicklung Deutschlands ausgesprochen haben, die Aufgabe, die 
Trennung zwischen dem Norden und Süden Deutschlands durch ein 
nationales Band wieder aufzuheben, welches Macht und Ansehen des 
Vaterlandes gegen fremde Angriffe sichert, ohne der Gleichberechtigung der 
Stämme und ihrer Fürsten einen Eintrag zu tun. 
Ich ersuche Sie, in diesem Sinne sich bei der Regierung, bei welcher 
Sie akkreditiert sind, auszusprechen, und benütze diesen Anlaß u. s. w. 
Journal. 
Berlin, 3. Juni 1869. 
Abreise von München gestern abend 6 Uhr. Auf dem Bahnhof fand 
ich Arco-Valley mit Familie. Arco fuhr mit mir, was mir insofern 
unangenehm war, als er Konversation machte, was mir auf der Eisenbahn 
sehr unbequem ist; ich legte mich daher bald in die Ecke und schlief. Um 
4 Uhr früh kamen wir nach Hof, wo er mich aufweckte, um Kaffee zu 
trinken. Dort traf ich eine Anzahl Abgeordneter, Franckenstein, Zu Rhein
	        
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