380 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870)
Von der Bundesverfassung sprechend, sagte er, mit dem König von
Sachsen hätte man einen Bundesvertrag schließen können, das sei ein
vernünftiger, gewissenhafter Mann von deutscher Gesinnung. Mit dem
König von Hannover sei dies nicht möglich gewesen, deshalb habe man
Hannover annektieren müssen.
Schließlich fragte ich ihn noch über mein Projekt eines weiteren
Bundes. Er erklärte, auf Verhandlungen eingehen zu wollen, doch möchte
ich dies direkt mit ihm tun. (Ich bemerke, daß ich besonders betont hatte,
daß es sich nur von einem Staatenbund wie in der alten Bundesverfassung
handle, ohne Parlament.) Auch möchte ich ihm eigenhändig schreiben,
wie er mir eigenhändig antworten werde. Natürlich sollte dies nur eine
vorläufige unverbindliche Korrespondenz sein, was nicht ausschließt, daß
wir die Korrespondenz als eine sehr ernste und vorsichtig zu behandelnde
Sache zu betrachten haben. Das Resultat des Gesprächs ist, Bismarck
will zurzeit nichts von Süddeutschland, er glaubt nicht an den Krieg mit
Frankreich, er ist aber im Fall des Krieges ebenso wie Moltke überzeugt,
daß Preußen siegen wird, und er wird Bayern zu vernichten trachten,
wenn es den Allianzvertrag nicht hält.
Berlin, 23. Juni 1869.
Mit Roggenbach das Verfassungsprojekt besprochen. Er sagt, die
nationalliberale Partei und Preußen überhaupt sehe in einem solchen
Projekt nur eine Desorganisation des bisher bestehenden Zustands. Sie
wollen alles oder nichts. Keine gemeinschaftliche Gesetzgebungsarbeit, sagt
man hier, ohne Unterordnung unter die Gewalt des Bundes.
Baden werde nicht zustimmen wegen der Furcht, majorisiert zu werden.
Er rät: kein Parlament, weder süddeutsches noch norddeutsches,
Zurückkommen auf das frühere Projekt: Staatenbund, gemeinschaftliche
Militärangelegenheiten, Analogie des alten Bundes. Keine weiteren
Konzessionen an die süddeutschen Nationalliberalen.
München, 3. Juli 1869.
Gestern erhielt ich um 12 ½ Uhr Mittags ein Telegramm von Lipowsky,
welches mir mitteilte, daß der König mich und Schlör in Berg zu sehen
wünsche zwischen 2 und 3 Uhr. Der Wagen, hieß es am Schluß, werde
uns in der Wohnung abholen. Zuerst dachte ich, daß der Nachsatz ein
Irrtum sei, es fand sich aber wirklich ein Wagen ein, der uns durch den
Fürstenrieder Park nach Berg brachte. Wir kamen dort nach 3 Uhr
an. Der König empfing mich zuerst. Er gab mir, was er selten tut,
die Hand und war sehr liebenswürdig. Ich sprach ihm zuerst von meinem
Bericht über das Gespräch mit Bismarck und führte die Gründe, weshalb
jetzt an eine weitere Bedrohung Bayerns durch Preußen nicht zu denken