Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1370) 383 
An den bayrischen Gesandten Baron Perglasin Berlin. 
München, 12. Juli 1869. 
Euer Hochwohlgeboren haben in Ihrem Bericht vom 8. d. M., welchen 
ich Seiner Majestät vorgelegt habe, Ihre Anschauungen über die Haltung 
der preußischen Regierung gegenüber dem Konzil in einer Weise dargelegt, 
die eine Kritik der Schritte der bayrischen Regierung deutlich erkennen 
läßt. Ich glaubte in der ganzen Sache Euer Hochwohlgeboren bisher 
stets mit voller Bereitwilligkeit Auskunft über die Motive gegeben zu 
haben, welche mich veranlaßten, die Initiative in dieser Angelegenheit zu 
ergreifen. Jene Kritik läßt mich aber ersehen, daß ich mich nicht deut- 
lich genug ausgesprochen haben muß, da Sie von der Ansicht auszugehen 
scheinen, als habe die bayrische Regierung ohne Rücksicht auf ihre 
katholische Bevölkerung und ohne sich der Stütze bewußt zu sein, welche 
diese Bevölkerung der Macht und Selbständigkeit der Krone bietet, un- 
bedacht die Frage angeregt und damit die Sympathien eines Teils des 
Landes verscherzt. Wenn überhaupt zugegeben wird, und darüber dürfte 
kein Zweifel bestehen, daß die weltlichen Regierungen es sich selbst schuldig 
sind, nicht unvorbereitet das Konzil an sich herankommen zu lassen, so 
mußte eine Regierung die Initiative ergreifen. Es braucht aber keiner 
machiavellistischen Suppositionen, um einzusehen, daß die preußische Regie- 
rung als eine akatholische nicht in der Lage war, den ersten Schritt zu 
tun. Er würde nicht allein ihre Stellung gegenüber den katholischen 
Untertanen erschwert haben, sondern auch als ein unberechtigter bezeichnet 
worden sein. Das gleiche gilt von Württemberg und Baden. Oesterreich 
hatte seine eignen Gründe, ein doppeltes Spiel zu spielen. 
So blieb von den deutschen Regierungen nur Bayern. Gerade aber um 
Konflikte zu vermeiden, die das bevorstehende Konzil, wenn es die angekündigten 
Beschlüsse faßt, mit sich bringen würde, gerade um den Frieden zwischen der 
Staatsregierung und der katholischen Bevölkerung nicht noch mehr gefährden 
zu lassen, mußte die bayrische Regierung darauf denken, wie jenen extremen 
Beschlüssen entgegenzuarbeiten sei. Daß eine einzelne Regierung in Rom nichts 
ausrichten werde, war klar. Nur vereinigte Maßregeln aller oder mehrerer 
Regierungen können dort Eindruck machen, und um diese herbeizuführen, war 
eine Mitteilung an die Regierungen der andern beteiligten Staaten nötig. 
Die bayrische Regierung hat damit zwar die Sympathien des Jesuiten- 
ordens verscherzt, wenn sie diese überhaupt je gehabt hat, sie hat aber die 
Zustimmung aller guten Katholiken erworben, die nicht unter dem Ein- 
fluß jenes Ordens stehen, und sie glaubt in keiner Weise ein Aergernis 
bereitet zu haben. Auch kann sie hoffen, jene religiösen Konflikte entfernt 
zu haben, welche für die Stellung Bayerns und für das Heil der Kirche 
selbst verderblich werden könnten.
	        
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