Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 397 
Die Befürchtung, daß eine Verständigung Oesterreichs und Preußens 
auf Kosten der süddeutschen Staaten stattfinden könnte, dürfte hierbei nicht 
außer acht gelassen werden. Der treugehorsamst Unterzeichnete hat des- 
halb den Grafen Beust sorgfältig sondiert und hat zu seiner Beruhigung 
gefunden, daß der österreichische Minister nach wie vor den gleichen Wert 
auf die Erhaltung des Status quo legt; denn er nahm die Darlegung des 
treugehorsamst Unterzeichneten über das Unsinnige der Gerüchte, welche 
Bayern die Absicht zuschreiben, in den Norddeutschen Bund einzutreten, 
mit entschiedenem Beifall und großem Interesse auf, was nicht der Fall 
gewesen wäre, wenn er etwa seine Absicht geändert hätte. Dabei bemerkte 
er, daß theoretisch der Zustand in Deutschland unbefriedigend sei, daß es 
aber am Ende in der Politik nicht auf Theorien, sondern auf die tat- 
sächlichen Verhältnisse ankomme, und diese seien für Süddeutschland nicht 
ungünstig. 
Journal. 
München, 28. September 1869. 
Heute Morgen erhielt ich ein Telegramm mit der Aufforderung, mich 
bereit zu halten, um 12 Uhr von einem königlichen Wagen abgeholt zu 
werden, da mich der König um 2 Uhr sprechen wolle. Ich tat dies und 
wurde um 12 Uhr abgeholt. Minister Hörmann fuhr mit. Unterwegs 
besprach ich mit ihm die Thronrede und überzeugte ihn, daß sie, so wie 
sie jetzt vorgeschlagen wurde, nicht bleiben könne. Wir fuhren ziemlich 
rasch durch den Fürstenrieder Park und kamen um 2 Uhr an; Sauer 
empfing uns. Zur bestimmten Stunde wurde ich zum König geführt, der 
mir die Hand drückte und mich mit ganz besonderer Liebenswürdigkeit 
behandelte. Er hoffte mich dadurch zu bestimmen, mich so auszusprechen, 
wie er es wünschte, nämlich, daß es nicht nötig sei, daß er die Kammern 
selbst eröffne. Dies tat ich aber nicht, sondern sagte ihm, mir sei die 
Thronrede und Adreßdebatte zuwider, aber ich könnte ihm nicht verschweigen, 
daß man über ihn schimpfen werde, wenn er nicht selbst zur Eröffnung 
käme. Darüber wurde nun hin und her geredet, immer versuchte er wieder 
mich zu der Aeußerung zu bewegen, es sei nicht nötig, bis er sich endlich 
überzeugte, daß es ihm nichts helfe. Er runzelte die Stirne nach allen 
Richtungen, es half ihm aber nichts, und schließlich erklärte er, er werde 
sich die Sache überlegen. Wir sprachen dann von allem möglichen, und 
die Unterhaltung dauerte über zwei Stunden. Nach mir kam Hörmann 
an die Reihe, der dann die üble Laune schlucken mußte, in die sich der 
König meinetwegen hineingearbeitet hatte. Schließlich wurde auch noch 
Perglas gerufen. Ich ging unterdessen im Park spazieren. Ich hatte 
Sauer gesagt, daß ich das tun würde, und dieser glaubte deshalb erst beim
	        
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