402 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870)
Brief von Sauer, den er aber noch nicht gelesen habe. Wir lasen ihn
nun zusammen, und hier fand sich, daß Sauer ihn um Rat fragt, was
er in der gegenwärtigen schwierigen Lage dem König vorschlagen soll,
insbesondere was der König tun soll, wenn etwa das Ministerium seine
Entlassung nach dem Ergebnis der Wahlen einreiche. Ob er raten solle,
sie anzunehmen oder nicht. Ich machte nun mit Döllinger, der gerade
mehrere Leute hatte, aus, daß er in diesen Tagen zu mir kommen solle,
wo wir das Nötige besprechen und ausdenken wollten, was er Sauer
raten solle. Zugleich solle er jetzt schon an Sauer schreiben, er würde
ihm den gewünschten Rat erteilen. Es handelt sich jetzt darum, ein kurzes
Memoire zu machen, um darin die Ratschläge zusammenzufassen, die
darauf abzuzielen hätten, der König soll das Ministerium entlassen,
d. h. die Entlassung annehmen, und mich mit der Bildung eines neuen
Ministeriums beauftragen, oder besser gesagt, mir sagen, ich solle ihm
Vorschläge machen. Zugleich könnte ihm Döllinger sagen, wenn der
König dies nicht wolle, so möchte er gleich die Minister an Stelle
der zu entlassenden ernennen. Mit Völderndorff bin ich über folgende
übereingekommen:
Ich Minister des Aeußern wie bisher, Pfretzschner Finanzen, Pranckh
Krieg, Pfeufer Inneres (Hörmann in die Pfalz), Schubert Kultus, Lutz
Justiz, Hegnenberg an Schlörs Stelle.
Dies würde also Döllinger mitzuteilen sein.
Wenn der König, wie dies aus dem Briefe Sauers hervorgeht, mein
Entlassungsgesuch nicht anzunehmen Lust hat, sondern mich in einem neu-
zubildenden Ministerium belassen will, so wäre dem König zu raten, nicht
mich mit der Bildung eines neuen Ministeriums zu beauftragen, da dies
den Traditionen, welche hierzulande üblich sind, nicht entspricht, sondern
gleich diejenigen Minister durch neue zu ersetzen, welche er nicht bei-
zubehalten willens ist. Dadurch wird dem ganzen Getriebe des Ehrgeizes,
welches während einer Ministerkrisis zutage zu treten pflegt, die Wurzel
abgeschnitten, und die Beruhigung des Landes tritt schneller ein.
Ich weiß, daß die ultramontane Partei mir nichts zumuten wird,
was ich nicht tun kann. Eine Verständigung ist deshalb möglich, wenn
nicht gleichzeitig Minister ernannt werden, mit welchen ich nicht gehen
kann. Ich würde daher zu behalten raten: Pfretzschner, Pranckh, Lutz,
dagegen die Entlassung annehmen seitens der Minister Gresser, Hörmann
und Schlör. An Stelle Gressers wäre Staatsrat Schubert zu ernennen,
der für den Augenblick genügt und später durch einen andern ersetzt
werden kann. Gresser könnte an seine Stelle in den Staatsrat kommen.
An die Stelle Hörmanns würde ich Pfeufer ernennen und Hörmann als
Präsidenten in die Pfalz schicken. Endlich wäre Schlör durch Graf