404 Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870)
Der Kardinal Prinz Hohenlohe an den Fürsten.
Rom, 26. November 1869.
Ich habe Dir neulich durch die Post geschrieben. Der Brief war,
wie Du bemerkt haben wirst, darauf berechnet, daß er auf der Post ge-
lesen würde resp. in der Staatssegretaria. Secramondo hatte gegen seinen
Nachfolger alle möglichen horreurs hier verbreitet, deshalb habe ich auf
alle Weise dem Unfug entgegenzuarbeiten gesucht ... Daß der Bischof
von Passau nicht kommt, ist schade. Es wird manchen herben Kampf
geben, und ich fürchte, die Ultramontanen werden die Majorität haben.
Frech und waghalsig sind sie, und wenn auch für den Augenblick der
Papst ziemlich verstimmt ist ob der verschiedenen Manifestationen, als da
sind Dupanloup, !) nordamerikanische Bischöfe 2) u. s. w., so glaube ich,
im entscheidenden Augenblicke wird die freche Partei alle zu überschreien
suchen. Ich bin jetzt obendrein noch recht unwohl, so daß ich mich in
einer ziemlich melancholischen Stimmung befinde.
Dupanloups Brief ist gut. Man sieht, Janus und andre Bücher
sind ihm in die Nase gestiegen
Es scheint, daß Haneberg nun auch nicht kommen wird zum Konzil,
während er doch alles Recht als Konsultor hatte. Kardinal Schwarzen-
berg wünscht sehr, Döllinger hier zu haben, aber er weiß nicht, wie er
es anfangen soll. Ich riet ihm, ihn als seinen Theologen zu berufen,
aber er schien mir noch unentschlossen. Friedrich wird nun wohl gegen
Ende des Monats kommen. Man hat es übrigens so eingerichtet, daß
die Kardinäle, die nicht zur Partei gehören, möglichst wenig zu tun be-
kommen. Man hatte davon gesprochen, ich solle die deutschen Bischöfe
hier bei mir wöchentlich empfangen. Ich habe mich aber bei der großen
Irritation der Parteien dazu nicht entschließen können, um so mehr, als,
wie ich glaube, der Papst ziemlich mißtrauisch gegen mich ist und er am
Ende gar noch in seinem Wahn den Bischöfen verbieten könnte, sich bei
mir zu versammeln. Kardinal Schwarzenberg hat mir versprochen, die
Bischöfe bei sich in der Anima zu versammeln.
Journal.
München, 26. November 1869.
Heute kamen die Minister bei mir zusammen, um die Nachricht über
den Ausfall der Wahlen bei mir entgegenzunehmen. Ich begann damit,
1) Dupanloups „Lettre au clergé de son diocése relativement à la définition de
Pinfallibilité au prochain concile“ vom 11. November 1869 erschien in der „Gazette
de France“. Friedrich, Geschichte des Vatikanischen Konzils, Bd. II S. 396.
Die nordamerikanischen Bischöfe hatten sich bei der Durchreise durch Paris
gegen die Opportunität der Definition der Unfehlbarkeit ausgesprochen. Friedrich
Bd. II S. 378.