Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Das bayrische Ministerium (1867 bis 1870) 437 
Fürst Hohenlohe an sämtliche Minister mit Ausnahme 
des Kriegsministers. 
München, 14. Februar 1870. 
Eurer Exzellenz 
beehre ich mich ganz ergebenst mitzuteilen, daß ich nach Rücksprache mit 
Seiner Exzellenz dem Herrn Kriegsminister und nachdem derselbe die 
Bedenken, welche er im gestrigen Ministerrate gegen mein einseitiges Vor- 
gehen erhoben hatte, fallen gelassen hat, mich entschlossen habe, noch heute 
mein Entlassungsgesuch Seiner Majestät zu überreichen. Ich habe mich 
zu diesem Schritte auch aus dem Grunde veranlaßt gesehen, daß ich heute 
Abend von Seiner Majestät empfangen werde und es mir notwendig 
erschien, daß Seine Majestät vorher schon die Motive in Händen habe, 
welche mich zu der fraglichen Bitte zwingen. 
An König Ludwig. 
Die Hoffnung, welche Eure Königliche Majestät in Allerhöchstderen 
Handschreiben vom 6. d. M. an mich auszusprechen geruhten, daß es 
gelingen möchte, das Mißtrauen zu beseitigen, welches gegen mich besteht, 
ist leider unerfüllt geblieben. Die Partei, welche nach dem Ausfalle 
der Wahlen die Mehrheit in der Kammer der Abgeordneten bildet, ist 
trotz aller Mühe nicht zu überzeugen gewesen, daß ihr Mißtrauen un- 
begründet ist. Die gesetzlichen Vertreter des Landes haben sich in ihrer 
Mehrheit gegen mich ausgesprochen, und so stehe ich zwei Beschlüssen der 
beiden Kammern des Landtags gegenüber, welche die entschiedene Absicht 
bekunden, meine fernere Tätigkeit im Ministerium unmöglich zu machen. 
Dieses Mißtrauen mag auf vorgefaßten irrigen Meinungen oder auf Ein- 
wirkung von außen beruhen, Tatsache ist, daß beide Körperschaften, mit 
welchen die Regierung das Wohl des Landes zu beraten hat, eine feind- 
selige Stellung gegen mich genommen haben. Ich bin Eurer Königlichen 
Mgjestät für die Festigkeit, mit welcher Allerhöchstdieselben mich bisher 
zu unterstützen die Gnade hatten, aus tiefstem Herzen dankbar. Aber 
eben diese Dankbarkeit und die treue Anhänglichkeit an Eure Mojestät 
legten mir die Pflicht auf, mit mir zu Rate zu gehen, ob ich einen weiteren 
Anspruch auf die Unterstützung Eurer Königlichen Majestät erheben darf, 
ohne Eure Königliche Majestät den ernstesten Gefahren preiszugeben. Nie, 
solange die bayrische Verfassung besteht, haben sich die Monarchen Bayerns 
vom konstitutionellen Wege entfernt. Selbst nach den stürmischen Er- 
eignissen des Jahres 1848, wo zur Wiederherstellung geordneter Rechts- 
zustände in fast allen Staaten Europas Oktroyierungen oder Staatsstreiche 
stattfanden, hat sich Bayern nicht auf diesen Weg drängen lassen. In 
dieser Tatsache wurzelt neben der angeborenen Anhänglichkeit das tiefe
	        
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