Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

Die Revolution und die Reichsgesandtschaft (1848 bis 1850) 41 
seeische Verbindungen. Nun werden sich die Klagen über die mangelnde 
deutsche Flotte mehren und die Frage der Einheit Deutschlands, der wirklich 
politisch vertretbaren Einheit, wird mit erneuerter Kraft in der nun freien 
Presse behandelt werden. 
Es ist ein Irrtum, die Revolution durch liberale Reformen in den 
Einzelstaaten ohne Reform der Gesamtverfassung Deutschlands verhindern 
zu wollen. Die freie Presse ist eine Notwendigkeit, der Fortschritt ist eine 
Bedingung der Existenz der Staaten. Aber wenn wir die Presse freigeben 
wollen, müssen wir wissen und uns klarmachen, was von ihr gesagt und 
wiedergesagt in das Gemüt der Staatsbürger dringt und Früchte trägt. 
Wir müssen uns fragen: wollen wir diese Früchte? Wenn wir fort- 
schreiten, müssen wir mit offenen Augen fortschreiten und die Augen recht 
aufmachen. Ehe wir ein ganzes Land auf einen Weg gehen lassen, müssen 
wir wissen, wohin dieser Weg führt. Es ist eine beklagenswerte Täuschung 
vieler wohlmeinender Staatsmänner, wenn sie in Deutschlands jetzigem 
Zustande den Fortschritt für etwas Unschädliches halten. Der Fortschritt 
führt zur Revolution. Ein hartes Wort, aber gewiß ein wahres! 
Ueber die Absicht des ganzen Aufsatzes äußert sich die folgende Be- 
merkung: „Aus dem fraglichen Aufsatze ist eine Darstellung zu machen, 
in der gezeigt wird, daß der ganze jetzige Fortschrittslärm zur Revolution 
führt, wenn man die Sache nicht am rechten Punkte anfaßt. Solange 
dies, eine Umgestaltung der deutschen Bundesverhältnisse, nicht von den 
Regierungen mit Ernst und Aufopferung angegriffen wird, solange führt 
das ganze Fortschritts= und Konzessionswesen zur Revolution. Solange 
ich also eine solche Stimmung nicht sehe, bin ich ultrakonservativ, weil 
ich darin mehr Garantie für die Ruhe des Vaterlandes finde. Ich will 
nicht Mitarbeiter an einer Revolution sein, und wenn über Deutschland 
die Revolution nach dem Vorbilde von 1789 einbricht und man den Adel 
vernichtet, so will ich wenigstens nicht sagen, daß ich mich durch eignen 
Unverstand dahin gebracht habe."“ 
Am 3. März 1848 schrieb der Fürst an die Prinzessin Amalie von 
Schillingsfürst: „Also wir stehen jetzt nicht mehr am Vorabende großer 
Ereignisse, sondern mitten darinnen. Wir müssen jetzt auf alles gefaßt 
sein.) Nachdem der erste Augenblick der Aufregung vorüber ist, sehe 
ich mit Ruhe dem entgegen, was kommen wird, und werde nicht untätig 
bleiben."“ 
Am 31. März heißt es in einem Briefe aus München: „Wenn ich 
Dir bisher nicht geschrieben habe, so war es nicht Mangel an Schreiblust, 
  
1) Nach den revolutionären Volksversammlungen, die in verschiedenen Städten 
Süddeutschlands stattfanden und von den Regierungen geduldet wurden.
	        
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