Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

42 Die Revolution und die Reichsgesandtschaft (1848 bis 1850) 
sondern vollkommene Unmöglichkeit. Ich bin so mit allen Segeln im 
Meer der politischen Tätigkeit eingefahren, daß ich meine Zeit nur zwischen 
Konferenzen und Schreiben geteilt habe. Ich beschäftige mich jetzt mit 
der Vorbereitung auf unsre Sitzungen, die acht Tage ausgesetzt sind. Daß 
ich Mitglied von drei Kommissionen auf einmal geworden bin, zeugt von 
der Absicht meiner Kollegen, mich vorzuschieben.“ 
Am 3. April: „Finster sieht es allerdings aus in der Welt bis in 
die nächste Nähe, aber keineswegs in meinem Innern. Wenn man erst 
den einen unangenehmen Moment des Aufwachens aus dem Zivilisations— 
schlaf überstanden und sich die Augen ausgerieben hat und um sich sieht, 
daß das, was wir von Mord, Totschlag, Pest und Hunger, Verarmung 
und dergleichen gelesen haben, nun auch uns einmal recht nahe kommen 
könne, wenn man diesen ersten Schrecken überstanden hat, ohne wie der 
gute Großherzog von Weimar in Ohnmacht zu fallen — das Weitere 
erträgt sich leicht. Denn das innere Licht des Geistes brennt noch recht 
hell und freundlich, und das kann uns doch niemand auslöschen. Auf 
alle Aeußerlichkeiten des Lebens bin ich so erst in den letzten Jahren mehr 
aufmerksam geworden und werde sie leicht wieder entbehren. Denn das 
werden wir vor allem verlieren, den Nimbus unfrer fürstlichen Stellung, 
auch für die Pairswürde habe ich keine großen Hoffnungen. Ob alles 
sonst ruhig abgeht, ob wir zu dem Ziele einer politischen Einigung 
Deutschlands ohne den Zwischenraum einer Anarchie und gräßlichen Blut- 
vergießens gelangen werden, scheint mir zweifelhaft.“ 
Die Befürchtung gewaltsamer Ereignisse, die sich in diesen Worten 
ausspricht, findet sich auch in der nachfolgenden Aufzeichnung vom 7. April 
über die Ergebnisse des Frankfurter Vorparlaments: 
Die Versammlung in Frankfurt hat einen Beschluß gefaßt, nach dem 
binnen vier Wochen eine konstituierende Nationalversammlung in Frankfurt 
zusammentreten muß. 
Indem die deutschen Regierungen hierzu die Hand bieten, sind sie 
verloren. Die konstituierende Nationalversammlung wird über die Re- 
organisation Deutschlands beraten. Sie wird entscheiden, ob Deutschland 
Republik oder konstitutionelle Monarchie werden soll, ob die einzelnen 
Regierungen fortbestehen sollen oder nicht. 
Im günstigsten Falle werden also die Monarchen aus den Händen 
des Volks ihre Krone, ihr Mandat zum Weiterregieren mit höflichem 
Dank empfangen. In einem weniger günstigen Falle werden sie von dem 
konstituierenden Parlament gebeten werden, den Agenten der provisorischen 
Regierung Platz zu machen. Bis zum 1. Mai ist also die Existenz der 
deutschen Regierungen eine gefristete. Denn wer bürgt für den Ausfall 
der Wahlen? Wer kann diese Wahlen so leiten, daß sie konservativ aus-
	        
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