Die Revolution und die Reichsgesandtschaft (1848 bis 1850) 43
fallen? Und wenn sie konservativ ausfallen, wenn dann die deutschen
Regierungen die Erlaubnis erhalten, fortzubestehen, wird eine solche Existenz
nicht ein bloßes Vegetieren sein, ein weitergefristetes Dasein bis zu dem
Zeitpunkte, wo es einer andern Versammlung nötig scheinen wird, ihnen
dieses Dasein zu rauben?
Soweit ist es also gekommen durch die Weisheit unfrer Regenten!
Soweit ist es gekommen, daß jedes Recht in Zweifel gestellt wird, das
seit Jahrtausenden bestanden hat. Das wenige, was sich die deutschen
Regierungen bis heute an Kraft und Ansehen erhalten haben, es wird im
günstigsten Falle am 1. Mai eine Lächerlichkeit sein. Mit der Kraft und
dem Ansehen der Regierungen, mit einem auf gesetzlichem Boden ge-
gründeten Rechtszustand der Staaten stürzen aber auch die Rechte der ein-
zelnen, die persönliche Freiheit und das Eigentum unwiderruflich zusammen!
Ist aber dieser Zustand der Auflösung, den wir als unvermeidlich
voraussehen, ein aus dem Willen des deutschen Volks hervorgehender, ist
es nicht vielmehr die revolutionäre Minderheit, die uns in einen solchen
Abgrund wissentlich und unwissentlich stürzen will? Wahrlich, ich sage
es mit Schaudern, der Schlaf, in den das deutsche Volk von seinen
Regierungen seit dreißig Jahren eingewiegt worden ist, er ist noch nicht
vollständig aus den Augen gerieben. Das deutsche Volk wird aber die
Augen aufmachen, wenn die verderbenbringende Woge der Anarchie über
seinem Haupte zusammenschlägt. Dann wird es staunen, daß es einem
kleinen, aber tätigen Häuflein von Republikanern und Kommunisten gelungen
ist, Deutschland zugrunde zu richten. Dann wird es sich selbst das fürchter-
liche Wort zurufen: Zu spätl!
Ist es aber jetzt zu spät Der deutsche Mann, der noch an die
Tatkraft und den guten Willen der Regierungen glaubt, muß nein sagen.
Noch haben die Regierungen Zeit, nicht eine konstituierende Ver-
sammlung, sondern ein Parlament zu berufen. Noch haben sie Zeit, eine
Fürstenkammer zu bilden, ein Bundeshaupt zu ernennen. Die frei-
gewählten Volksvertreter werden neben dem Hause der Fürsten ein auf
breitester Basis gegründetes Volksparlament bilden. So gestaltet, wird
die Versammlung nicht das Gesetz umstürzen, sondern begründen. Nur
so und auf diese Art, nicht aber, wenn die Regierungen ängstlich schweigend
zusehen, werden sie sich erhalten, wird Deutschland ein einiges freies, wird
die Anarchie abgewendet werden.
Am 12. April 1848 schreibt der Fürst seiner Schwester: „Man gibt
mir fürchterlich zu tun. Heute abend um 6 Uhr habe ich ein Referat
Üüber einen Gegenstand vorzutragen, den ich eben, das heißt um 5 Uhr,
erhalten habe: das Wahlgesetz zur Versammlung in Frankfurt.“