Die Revolution und die Reichsgesandtschaft (1848 bis 1850) 53
umfassende völkerrechtliche Verträge zwischen den betreffenden Regierungen
abgeschlossen werden. Tut man dies aber, tritt die Zentralregierung mit
auswärtigen Regierungen in diplomatische Verhandlungen, so ist kein
Grund vorhanden, sich nicht von dem fernen, schon ziemlich bevölkerten
und nicht überaus fruchtbaren Nordamerika abzuwenden und zum Orient
zurückzukommen. Es sind drei Inseln im Mittelländischen Meere, die
schon europäischen Staaten gehört haben und die zur Zeit der Macht des
osmanischen Reiches von diesem gewonnen wurden. Ich rede von Rhodus,
Cypern und Kandia. Warum sollte man nicht jetzt bei der grenzenlosen
Schwäche der türkischen Regierung trachten, diese Inseln wiederzugewinnen
und deutsche Ansiedler darauf unterzubringen. Vor allem geeignet scheint
mir Cypern. Die bodenlos schlechte türkische Verwaltung entvölkert diese
Insel von Jahr zu Jahr mehr. Einwohner würden also die Einwanderer
wenige vorfinden. Die Insel ist eine der fruchtbarsten des Mittelländischen
Meeres, alle Früchte gedeihen daselbst. Die Mineralgruben, Kupfer und
andres, würden reiche Ausbeute geben. Es gäbe keine vorteilhaftere Er-
oberung als diese Insel für Deutschland. Und deshalb müßte vor allem
dahin getrachtet werden, diese auf friedliche Weise, etwa durch Kauf von
der türkischen Regierung zu erlangen. Vor allem müßte sogleich ein ge-
heimer Agent, der die Insel in geologischer, topographischer und jeder
andern Hinsicht untersuchte, abgesendet werden. Würden diese Unter-
suchungen sich als genügend ausweisen und zeigen, daß es sich der Mühe
lohnte, die Insel zu erwerben, so müßte mit allem Eifer und Klugheit in
Konstantinopel darauf hingewirkt werden. Die Aufgabe der deutschen
Zentralgewalt in bezug auf die orientalische Frage scheint mir nicht die
zu sein, de se joindre aux intrigues absurdes dont s'amusent les diplo-
mates à Constantinople, sondern die orientalische Frage zu irgendeiner
Entscheidung zu bringen. Bei dem jetzigen Zustand der Frage gewinnt
Deutschland nichts, verliert aber Zeit. Kommt aber die ganze Geschichte
zum Zusammenbrechen, und ist Deutschland einig, stark, gerüstet, dann
kann es Cypern und mehr noch bei der allgemeinen Teilung fischen. Vor
allem aber möge Gott Einheitssinn und Verstand in die Herzen der
patriotischen Schwätzer und der Regierungen Deutschlands senden, vor
allem müssen wir über die kleinlichen Eifersüchteleien des parlamentarischen
Lebens hinaus sein, wenn wir mit der alten deutschen Derbheit und Kraft
gegen außen auftreten wollen. Aber wann wird's sein? Wenn wir aber
auf friedlichem Wege des Vertrags mit der türkischen Regierung oder bei
einer Erschütterung der orientalischen Frage Cypern und Rhodus oder
sonst was erwerben, so gewinnen wir dadurch ein vortreffliches Asyl für
Tausende von Proletariern, wir gewinnen Seehäfen und Handelsschiffe,
Marine und Seeleute. Ebenso ist Syrien und Kleinasien nicht außer