Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

58 Die Revolution und die Reichsgesandtschaft (1848 bis 1850) 
heißt es in der obenerwähnten Notiz, „das Schicksal des Frankfurter 
Reichs besiegelt. Ich verabschiedete mich bei dem Papst und dem Groß- 
herzog von Toskana, an den ich mein Schreiben nicht abgeben konnte, da 
er keinen Minister des Aeußern hatte. Er sagte: „Grüßen Sie meinen 
Vetter in Frankfurt!“ Wir gingen nach Neapel, blieben da den Monat 
Mai und kehrten über Paris nach Frankfurt zurück.“ 
Als sich der Fürst bei dem Erzherzog Reichsverweser zur Audienz 
gemeldet und eine Stunde erhalten hatte, wurde ihm eine Stelle in dem 
Ministerium Grävell, das am 17. Mai der Nationalversammlung vor- 
gestellt war, angeboten. Er lehnte ab, „da er keine Lust hatte, einem 
Ministerium anzugehören, das nur dazu berufen war, das Reich zu 
Grabe zu tragen“. Als der Fürst den Erzherzog sah, sprach dieser nicht 
mehr davon. 
Mit dem Ende der Reichsgesandtschaft war die aktive Beteiligung 
des Fürsten an der Politik vorläufig abgeschlossen. Er war wieder im 
wesentlichen auf die Rolle des Beobachters beschränkt. Die Eindrücke, die 
der allmähliche Niedergang der nationalen Hoffnungen und der beschämende 
Abschluß der Bewegung in ihm erregte, sind aus den Briefen an die 
Schwester und aus den Reden in der Kammer der Reichsräte zu erkennen. 
An die Prinzessin Amalie. 
München, 18. November 1849. 
.. Es ist ein eigentümliches Band geistiger Verwandtschaft, das 
uns Geschwister alle fest zusammenhält und von dem andre Menschen 
selten einen Begriff haben. Ich habe es in wenigen Familien gefunden. 
In der Gesellschaft der großen Welt findet man solchen Geist selten. Im 
allgemeinen und insbesondere hier ist die große Welt im innersten Herzen 
sehr gemein. Gut, wenn Du willst, freundlich, weniger schlecht, als sie 
von Landpastoren gewöhnlich geschildert wird. Aber es ist gar wenig 
dahinter. Mit den edeln Menschen, die diese Stadt birgt wie jede andre, 
kommt man schwer zusammen. Ich werde in solcher Umgebung, ohne es 
zu wollen, Demokrat; gerade, wie es mir in der Kammer geht, wo ich 
durch die Partei eingesäumter Aristokraten, die es sind ohne innere Be- 
rechtigung, auf die linke Seite getrieben und zum Beispiel bei der letzten 
Sitzung veranlaßt wurde, die deutsche Nationalversammlung gegen stupide 
Angriffe eines alten Herrn in Schutz zu nehmen. Wir haben eine interessante 
Sitzung über die deutsche Frage gehabt, und ich habe vor einer gedrängt 
gefüllten Galerie ziemlich gut gesprochen. Ich freute mich bei dieser 
Gelegenheit meiner Ruhe und Unbefangenheit. Es ist ein Glück in unfrer 
Zeit, wenn man dazu gelangt ist, ohne Verlegenheit klar vor vielen
	        
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