Full text: Denkwürdigkeiten des Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Erster Band. (1)

74 Aus den Jahren 1850 bis 1866 
12. Dezember. 
..Der Nachmittag verging mit allerlei Gängen in die Stadt, abends 
waren verschiedene Geistliche bei uns, zuerst der gute Abbé de Geslin, 
dann der gescheite und energische Pere Etienne Djunkowsky, Präfekt der 
nördlichen Regionen, der uns viel von seinem Aufenthalt in Lappland 
erzählte. Er ist auch von den Jesuiten angefeindet. Ich höre jeden Tag 
neue Intrigen dieser Leute und fange an, die gute Meinung, die ich von 
ihrer Wirksamkeit gehabt habe, zu verlieren. 
17. Dezember. 
.. Später ging ich zu Theiner, 1) der mir von seinen Arbeiten im 
Archiv erzählte, das er in der größten Unordnung gefunden hat. Er ordnet 
nun alles mit deutscher Gründlichkeit und wird sich dadurch um den Hei- 
ligen Stuhl sehr verdient machen. Alle bisherigen Archivare hatten diesen 
Posten nur als ein Mittel benutzt, um weiterzukommen, Nunzius zu 
werden u. s. w., und hatten das Archiv liegen lassen 
18. Dezember. 
Um 11 Uhr war das Tedeum zu Ehren des Königs von Neapel2) 
und für dessen glückliche Rettung. Der neapolitanische Chargé d'aftaires 
hatte uns auch dazu eingeladen. Wir kamen etwas spät und begaben 
uns auf die diplomatische Tribüne, die nicht weit vom Hochaltar auf- 
gerichtet war. Wir fanden dort das ganze diplomatische Korps, daneben 
mehrere Damen. Gegenüber war eine Tribüne für die römischen Fürsten, 
in der Mitte eine kleine erhöhte Tribüne für die Königin Christine von 
Spanien. Der Hochaltar war prächtig verziert mit Kerzen von ungeheurer 
Länge, und die ganze Feierlichkeit mit den vielen funktionierenden weißen 
Dominikanern war imposant. Die Musik ließ zu wünschen übrig und ist 
zu der Kategorie des Gedudels zu rechnen. 
Rom, 27. Januar 1857. 
.. Nachmittags besuchte ich Gustav im Vatikan. Ich fand einen 
Franziskaner, Pater Petrus, bei ihm, einen Dänen. Als wir gerade zu- 
sammen sprachen, wurde der Papst angekündigt; ich zog mich in das 
innere Zimmer zurück, der Mönch in die Kapelle, und Gustav ging dem 
Heiligen Vater entgegen, der mit Stella und Merode kam und sich im 
Salon etablierte. Bald darauf hörte ich, daß von mir die Rede war, 
und da der Papst erlaubte, daß ich hereinkomme, so erschien ich, setzte mich 
neben ihn und wohnte der lebhaften Unterhaltung bei, die über die ver- 
schiedensten Gegenstände geführt wurde. Wir sprachen von der Zeremonie 
  
1) Augustin Theiner (1804 bis 1874) war durch den Einfluß des Prinzen 
Hohenlohe im Jahre 1855 zum Präfekten des Vatikanischen Archivs ernannt worden. 
Siehe Schulte in der „Allgemeinen Deutschen Biographie“ Bd. 37 S. 671. 
2) Ferdinands ll., der am 11. Dezember einem Attentat entgangen war.
	        
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