Geldstrafe. 39
Die Vollstreckung der G. erfolgt, wenn der Verurtheilte nicht freiwillig zahlt,
nach den Vorschriften über die Vollstreckung der Urtheile der Civilgerichte (StrafPO.
§ 495, CPO. § 644 ff.) Vgl. den Art. Zwangsvollstreckung. Konkurriren
mit der G. rechtskräftige Civilforderungen, so müßten diese prinzipiell der G. vor-
gehen, was jedoch nicht anerkannt ist. Stellt sich bei der Vollstreckung heraus, daß
kein Vermögen vorhanden ist, so tritt Umwandlung der G. in Freiheitsstrafe ein.
Nur in einzelnen Fällen ist die Umwandlung unzulässig; vgl. Gesetz betr. die
Wechselstempelsteuer vom 10. Juni 1869 § 15 Abs. 3; Gesetz betr. das Urheberrecht
an Schriftwerken vom 11. Juni 1871 § 24 und die betr. Bestimmungen aus den
Gesetzen vom 9., 10. und 11. Jan. 1876; CPO. § 374; StrafP# O. 8 77.
Ist die eventuelle Freiheitsstrafe nicht bereits im Urtheil festgesetzt, so geschieht
dies von dem Gerichte erster Instanz ohne mündliche Verhandlung (Strast O. 8#
491, 494 Abs. 1 und 2). Die Umwandlung erfolgt in Haft oder Gefängniß.
In Haft soll die G. umgewandelt werden, wenn sie wegen einer Uebertretung er-
kannt ist. Ausnahmsweise ist dies auch bei einem Vergehen gestattet, wenn bei
demselben G. allein oder an erster Stelle oder wahlweise neben Haft angedroht ist.
Die erkannte G. darf jedoch nicht über 600 Mark und die an ihre Stelle tretende
Freiheitsstrafe nicht über 6 Wochen betragen. Abgesehen hiervon erfolgt die Um-
wandlung stets in Gefängniß. War die G. neben Zuchthaus erkannt, so wird sie
zunächst in Gefängniß und dann in Zuchthaus verwandelt, wobei Bruchtheile eines
Monats vorkommen können (§ 28 Abs. 1—3). Bei der Umwandlung kann bei
Verbrechen und Vergehen jeder beliebige Betrag zwischen 3 und 15 Mark einer ein-
tägigen Freiheitsstrafe gleich geachtet werden. Der Mindestbetrag einer eventuellen
Freiheitsstrafe ist 1 Tag, der Höchstbetrag bei Haft 6 Wochen, bei Gefängniß
1 Jahr. Wenn jedoch eine neben der G. wahlweise angedrohte Freiheitsstrafe ihrer
Dauer nach den vorgedachten Höchstbetrag nicht erreicht, so darf die an Stelle der
G. tretende Freiheitsstrafe den angedrohten Höchstbetrag jener Freiheitsstrafe nicht über-
steigen (§ 29). Bei Umwandlung mehrerer G. ist der Höchstbetrag bei Uebertretungen
3 Monate Haft, in allen übrigen 2 Jahre Gefängniß (§ 78 Abf. 2).
In Spezialgesetzen finden sich mehrfache Abweichungen von den im StrafsE.
über die Umwandlung der G. ausgestellten Grundsätzen; vgl. Binding, Grund-
riß, I. § 91; Olshausen, Komm. zu § 28 des StrafGB. Der Verurtheilte
kann sich durch Erlegung des Strafbetrages, soweit dieser durch die erstandene
Freiheitsstrafe noch nicht getilgt ist, von der letzteren freimachen (§ 28 Abf. 4).
Während in der Regel die Umwandlung der G. in Freiheitsstrafe eintritt, wenn
die Zahlungsunfähigkeit des Verurtheilten festgestellt ist, findet sich ausnahmsweise
in Partikulargesetzen eine Zwangsvollstreckung auch gegen andere Personen als den
Schuldigen. Hierhin gehört die Bestimmung, daß für G., zu denen Personen ver-
urtheilt sind, welche unter der Gewalt, der Aufsicht oder im Dienste Anderer stehen,
diese im Falle des Unvermögens der Verurtheilten für haftbar erklärt werden.
Trifft den Gewaltinhaber eine Mitschuld, so läßt sich die Bestimmung wol recht-
fertigen; ist dies jedoch nicht der Fall, so wird der Unschuldige gestraft und der
Schuldige bleibt straflos. Vgl. hierüber bes. Kronecker in Goltdammer's Archiv
Bd. XXVIII. S. 16. ff.
Die G. fallen in die Staatskasse; doch finden sich hiervon Ausnahmen, z. B.
fallen die Postgeldstrafen zur Postarmen= oder Unterstützungskasse (Postgesetz vom
28. Oktober 1871 § 33). Verzugszinsen sind von einer G. nicht zu zahlen. Bereits
eingezahlte G. dürfen nach konstitutionellem Staatsrecht bei später eintretender Be-
gnadigung nicht zurückgezahlt werden.
Rechtskräftig erkannte G. bis zu 150 Mark verjähren in 2, über 150 bis
6000 Mark in 5, und höhere G. in 10 Jahren (§ 70 Z. 4—6). Ist wegen einer
strafbaren Handlung auf Geld= und Freiheitsstrafe erkannt, so verjährt die G. nicht
früher als die Freiheitsstrafe (8 71).