Poststrafrecht. 101
12—17. — Phillimore, a. a. O., vol. III. part. X. ch. 6 part. XII. ch. 3—8. —
Muuelr Droit des gens, 4 III. ch. 14. — Bluntschli, Modernes Völkerrecht, Buch VIII.
Kap. 10; Buch IX. Kap. 6; Derselbe, Das Beuterecht im Krieg und das Seebeuterecht
insbesondere, Nördlingen 1878, S. 160. — Heffter, Europ. Völkerrecht, 5. Ausg. 10 187
bis 192. — H. A. Zachariä, Zeitschr. für die gesammte Staatswissenschaft, B
79 ff. — Ferner die ahlreichen auf die Verbindlichkeit der Regierungshandlungen in
Sasiiren ers n-r Schriften bei H. A. Zachariä, Deut Eches Staats= u. Bundes-
recht, 3. Aufl., 78, und H. Schulze, Das Preuß. Staatsrecht, Abth. 1, Leipz.
1870, S. 210, ad — 9 Brockhaus, Das 4Legitimitätsprinzip. Leipz. 1868, S. 322 ff.
F. Vrockhaus.
Poststrafrecht ist die Bezeichnung für die Summe aller derjenigen Vorschriften
und Regeln, durch welche der mit der Verwaltung der Post betrauten Behörde ein
Recht zu strafen zugesprochen wird und zwar nicht als Disziplinarbehörde, sondern
als Strafbehörde. Indem die Vorschriften einestheils die einzelnen Fälle aufzählen,
in welchen jener Verwaltungsbehörde ein strafrechtliches Einschreiten zustehen soll,
also die Handlungen angeben, die unter ihre Zuständigkeit fallen, anderentheils die
Art und Weise dieses Einschreitens festsetzen und regeln, umfaßt der Begriff sowol
das P. im engeren Sinne, wie das Poststrafverfahren.
Die früher in Deutschland allgemein geltend gewesene Trennung zwischen der
Polizei= und Kriminalgerichtsbarkeit hätte die Einführung und Ausbildung eines
besonderen Verfahrens für solche Handlungen hervorgerufen und begünstigt, welche
gegen die Anordnungen der Abgaben= und Steuergesetze gerichtet und in diesen mit
Strafe bedroht waren. Sie lagen, weil sie wirkliche Verletzungen der allgemeinen
Rechtsordnung nicht enthielten und deshalb unter das allgemeine Strafgesetz nicht
fielen, außerhalb des Gebietes des Kriminalrechts und außerhalb der Zuständigkeit
der Kriminalgerichtsbarkeit. Andererseits aber hatten sie auch nicht den Charakter
einer Vergehung gegen polizeiliche Bestimmungen, weil die sie mit Strafe bedrohen-
den Gesetze nicht dem Zwecke dienten, eigentliche Rechtsverletzungen zu verhüten, den
Strafvorschriften sonach die Natur einer Präventivmaßregel fehlte. Es erschien daher
begrifflich unmöglich, die Handlungen der Polizeigerichtsbarkeit zu unterstellen. Des-
halb wurde ihre Verfolgung und Bestrafung den mit der Einziehung der Abgaben und
Zölle betrauten Behörden überlassen. Der praktische Nutzen, den diese Einrichtung
mit sich führte, gab Anlaß, ihr Gebiet soweit als möglich auszudehnen, und ordnete
man ihr nach und nach neben den Abgaben und Zöllen alle öffentlichen Gefälle
unter. Zu ihnen gehörten auch die Einnahmen aus dem Postregal. Die Ver-
folgung und Bestrafung ihrer mit Strafe bedrohten Hinterziehung wurde den Post-
behörden übertragen und in Preußen durch vielfache Anweisungen und Resfkripte
(et. z. B. Reskr. des Finanzministerii vom 29. Februar 1824) geordnet. Der
später auch im Gebiete des Strafrechts sich in den Vordergrund drängende Begriff
eines Rechtsstaates hob zwar sowol die Unterscheidung zwischen der Polizei= und
Kriminalgerichtsbarkeit auf, wie er auch das den Verwaltungsbehörden verliehene
Strafrecht beseitigte, indem er die Forderung stellte, daß jede Strafe nur von dem
ordentlichen Richter ausgesprochen werden dürfe. Allein bald fanden die Grund-
gedanken, welche jener Scheidung zu Grunde gelegen und die Administrativjustiz
in das Leben gerufen hatten, wieder Eingang in die Gesetzgebung: die Vortheile,
welche sie geboten, einestheils dadurch, daß die technischen Schwierigkeiten bei der
Ermittelung und Feststellung der strafbaren Handlung eine leichtere und sachgemäßere
Ueberwindung fanden, anderntheils dadurch, daß mit der großen Geringfügigkeit des
Delikts ebenso die Schnelligkeit des Verfahrens, wie der Mangel der Oeffentlichkeit
in Uebereinstimmung standen, erleichterten ihre Wiederaufnahme. Dabei erlangten
sie aber ihren früheren Umfang und ihre frühere Selbständigkeit nicht wieder, er-
hielten vielmehr eine Stellung, die sich als eine vorläufige und bedingte kennzeichnet
und das gerichtliche Verfahren als Hintergrund hat, auf welches sowol der An-
geschuldigte, wie die Verwaltungsbehörde zurückzugreifen befugt ist. In dieser