Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

110 Postverwaltung. 
Verein, der Deutsch-Oesterreichische Post verein, die Vorstufe einer einheitlichen 
Verwaltung, erklärlich und unentbehrlich in einer so engen Verkehrsgemeinschaft, wie 
sie der Zollverein darstellte. Diesem völkerrechtlichen Verein gegenüber tritt mit dem 
Jahre 1867, als aus dem Bunde ein Staat wird, eine einheitliche Ver- 
waltung: die P. wird Sache des Norddeutschen Bundes, welcher als Rechtsnach- 
folger der einzelnen Bundespostanstalten die gemeinsame P. übernimmt: die noch 
selbständigen P. Sachsens (inkl. Altenburgs), der Großherzogthümer Mecklenburg, 
Oldenburgs, Braunschweigs und der Hanfestädte gehen am 1. Jannar 1868, die 
Thurn und Taris'sche P. in den Mittelstaaten durch Ueberlassungsvertrag vom 
28. Januar 1867 für 3 Mill. Thlr. am 1. Juli 1867 auf Preußen bgw. den 
Bund über. Nachdem das Postwesen in Elsaß-Lothringen schon am 12. September 
1870 auf die Deutsche P. übergegangen, traten gemäß der Vereinbarungen vom 
15. November 1870, am 1. Januar 1871 bzw. 1872 noch das linksmainische 
Großherzogthum Hessen und Baden hinzu. Durch Abschnitt VIII. der RVerf. ist 
jetzt das Postwesen als einheitliche Staatsverkehrsanstalt eingerichtet und 
verwaltet (Art. 48). Eine partikuläre P. haben nur (Art. 52) Bayern und 
Württemberg, welche nicht zum „Reichspostgebiete“ gehören. Während in letzteren 
eine völlig einheitliche Gestaltung der Verwaltungseinrichtungen, des Dienstbetriebs, 
der Reglements, Finanzen 2c. stattfindet, besteht im Deutschen Reiche lediglich Ein- 
heit der Gesetzgebung, Einheit des Tarifwesens zwischen den einzelnen Bundesstaaten, 
Einheit der Vertretung gegenüber dem Auslande (vagl. Art. 52 Abs. 2, 3). Im 
Deutschen Reichspostgebiete gebührt die obere Leitung der P. dem Präsidium, welches 
die reglementarischen und administrativen Anordnungen zu treffen, wie die aus- 
wärtige Verwaltung zu führen, die Beziehungen zu anderen Verwaltungen zu regeln 
hat: in Bezug aber auf das Deutsche Reich, einschließlich Bayerns und Württem- 
bergs, ist die P. keine einheitliche, vielmehr modifiziren sich in dieser Hinsicht die 
Verfassungsbestimmungen durch die Klauseln der Versailler Verträge (mit Bayern 
Art. III. § 4, mit Württemberg Art. II. 2 Nr. 4 — BGl. 1870 S. 654 ff., 1871 
S. 9 ff.). 
Die Post ist somit — abgesehen von den letzterwähnten Modifikationen — 
einheitliche Reichsverkehrsanstalt: die P. ist gleichwerthiges Glied im gesammten 
Verwaltungsorganismus. Die rechtliche Natur der P. bestimmt sich nicht etwa nach 
Regeln des Privat-, des Handelsrechts, sondern nach öffentlich-rechtlichen Grundsätzen. 
Die P. ist nicht Gewerbebetrieb, sondern Staatsverwaltung, und der Staats- 
sekretär des Reichspostamts ist nicht der erste Frachtführer des Reiches, wie es z. B. 
eine Entscheidung des ROPS. (Entsch. Bd. XII. S. 111) aussprach (vgl. dagegen 
Goldschmidt u. Postarchiv 1874 S. 321). So viele Rechtshandlungen der P. sub- 
sidiär Grundsätzen des HG#B. unterliegen, Handelsgeschäfte sind, so wenig ist darum die 
Post ein Kaufmann, schon darum nicht, weil sie ihre Geschäfte nicht gewerbsmäßig betreibt. 
Die Neigung, die P. einfach als Kaufmann hinzustellen, erklärt sich daraus, daß 
hier der Staat nicht wie in anderen Verwaltungsgebieten, wie in Militär= und 
Gerichtsverwaltung, herrschend, sondern dienend auftritt, daß nach heutiger kultur- 
staatlicher Auffassung die P. nicht die Ausübung eines Hoheitsrechtes, sondern die 
Befriedigung eines allgemeinen Bedürfnisses darstellt: hier ist nicht Regalitätsprinzip, 
sondern Dienst im öffentlichen Interesse, hier äußert der Staat nicht Staatsgewalt, 
sondern „Pflege“ (im Bluntschlischen Sinne). Wie die P., wirthschaftlich be- 
trachtet, vom Unternehmungsprinzipe, dem seiner Zeit berechtigten Fiskalismus, sich 
zum Gebührenprinzipe gewendet hat, so muß auch rechtlich dieselbe nicht mehr als 
ein Handelsgewerbe in Gestalt der Ausübung eines Hoheitsrechtes, nein, einfach als 
staatlicher Verwaltungszweig angesehen werden. 
Damit ist zugleich der Charakter des Pr.echts gekennzeichnet. Dasselbe 
ist Theil des öffentlichen, nicht des Privatrechts. Der Staat stellt für den 
Betrieb der Post und deren Verkehr mit dem Publikum besondere Normen auf:
	        
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