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durch unterscheiden, daß ein Theil schon in jedem Antrag der Staatsanwaltschaft
gegen eine bestimmte Person (Preuß. Ges. vom 3. Mai 1852 Art. 4; Hannov.
StrafP O. § 26), die Mehrzahl erst in der gerichtlichen Eröffnung der Untersuchung
einen ausreichenden P.akt sieht. Letzteres ordnet auch die StrafP. O. für das Deutsche
Reich an, mit dem Hinzufügen, daß das gemeinsame Obergericht auch noch im Laufe
der Untersuchung die Fortsetzung oder Entscheidung einem anderen zuständigen Gericht
übertragen kann, falls dies im Interesse der Sache liegt (Motive, S. 132, nach
Vorgang des Preuß. Ges. vom 3. Mai 1852 Art 4; Preuß. StrafPß O. von 1867
Art. 40; Thüring. Straf. O. Art. 59). Wenn die Untersuchung als eröffnet gilt,
hängt von dem einzelnen Fall ab, es ist dies bald die Eröffnung des Haupt-
verfahrens (§ 168), bald die der Voruntersuchung, bei der Privatklage die Ent-
scheidung des Gerichts über die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 423), bei Vor-
führung des Beschuldigten in schöffengerichtlichen Sachen der Beginn der Verhandlung
(§ 211), bei Ausdehnung der Aburtheilung auf eine neue That der diese Ausdehnung
anordnende Gerichtsbeschluß (§ 265), der amtsrichterliche Strafbefehl (§ 447), die
Ladung zur Hauptverhandlung bei Strafbefehlen der Polizei (§ 456), der Steuer-
behörden (§ 462) und im sog. objektiven Strafverfahren (§ 478). — Endlich findet
auch der Grundsatz der P. Anwendung, wenn von mehreren Staaten an einen anderen
ein Gesuch um Auslieferung gestellt wird (Bundesbeschluß vom 26. Januar 1851).
—- LI. 7, 30 D. 5, 1. — I. 19 pr. D. 2, 1. — C. 19 X. 2, 2 und die Glosse. —
1. 1§ 1 2 , 2. –1 19307, ***5 112 cap. 3, 2. — Cl. 2, 5. — I.I. 13, 29 D. 5,
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.O Tit. II. § 8. — Preuß. Allg. Ger.O., Einl., § 166. — Hannover § 190.— Baden
263. — Mürttemb. Art. 58, 326. — Bayern * 179. — Deut tscher Entwurf= § 227. —
RéC#O. 35, 230, 235. — Für den StrafPPrz.: I. 7 D. 5, 1. — I. ult. C. 12, 47. — I. ult.
C. 2, 2. — C. 20 10, 1, 29. — C. 10 10, 1, Eolk — Preuß. Gesetz vom 3. tiS 1852 Art.
4. — Prz.Ordn. für die neuen Provinzen vom 25. Juni 1867, Art. 40. — Code Dinstr.
art. 23, 63, 69. — Bad. Prz.Ordn. von 1864 Art. 55, 56. — Hannover § 17. — Sachsen
#et. . Thugingen Art. 55 ff. — Oldenburg Art. 53, 35 8 2. — Württemb. Art. 23 ff. —
trafp
Lit.: Pütter, De iPraewentione (op. acad. rem jud. imp. ill. II.) — Sintenis, Erl.
u Linde's Civ. Prz., 6 ff. — Linde im Archiv für civ. Prax. XXVI. 3. Namentlich
Prand, Mehrh. v. Nnhn §8§ 38—42, bes. S. 295 ff. — Zachariä, Handbuch des
Straf rz., I. § 57. — Die Kommentare zur Civ.= und StrafPO.; vgl. bezüglich der letzteren
noch Kaf er, Die Strafgerichtsverfassung und das Strafverfahren des Deutschen eiche 1879,
Kayser.
Precarium ist die Ueberlassung einer Sache auf beliebigen Widerruf. Das
P. unterscheidet sich
1) von der Schenkung dadurch, daß es kein Recht überträgt.
2) vom Kommodate dadurch, daß dem Gebrauche der überlassenen Sache nicht
von vornherein eine bestimmte Grenze gesetzt und der precario dans nicht verpflichtet
ist dem Empfänger die Sache bis zu gemachtem Gebrauche zu belassen. Mit dem
P. kann auch eine conductio verbunden, d. h. es kann dem Empfänger die Leistung
einer Vergütung auferlegt sein, ohne daß dadurch der Verleiher irgend welche Ver-
pflichtung übernähme. Im Gegensatze zum bloßen Kommodatar ist der precario
accipiens, es wäre ihm denn ausdrücklich nur die Detention überlassen, juristischer
Besitzer der Sache; bestritten ist ob dieser Besitz ein anomaler (sog. abgeleiteter),
weil nicht mit dem regelmäßig zum juristischen Besitze erforderlichen Bewußtsein
eigener Machtvollkommenheit verbundener, sei. Es ist aber jenes Bewußtsein aus-
geschlossen durch das Bewußtsein prekären von einem fremden Willen abhängigen
Habens und erklärt sich der dem Prekaristen zugestandene Besitz der Sache daraus,
daß er in Ermangelung jeder dem precario dans ihm gegenüber obliegenden Ver-
pflichtung ohne die Annahme juristischen Besitzes des Schutzes gegen Dritte ent-
behren würde.
Dem precario dans steht gegen den Empfänger ohne Weiteres, d. h. ohne daß
es vorher des Widerrufes bedürfte, welcher ja in der gerichtlichen Abforderung ent-