Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

8 Papstwahl. 
rechtlich katholische Charakter des berechtigten Staates; dieser prinzipiellen Voraus- 
gchung aber genügt heute keiner der oben genannten Staaten mehr, höchstens 
panien. — 
Die Konstitution Gregor's X. Ubi periculum ordnet das sogen. Konklave 
an. Wiederholte Verzögerungen der Wahl (Gregor X. war erst drei Jahre nach 
dem Tod seines Vorgängers gewählt worden) veranlaßten Gregor X. zu der Be- 
stimmung: Nach dem Tode des Papstes sollen die Kardinäle zehn Tage auf ihre 
abwesenden Kollegen warten. Nach Ablauf dieser Frist sollen sie sich im 
Palast, in dem der Papst verstorben, ein= und von allem Verkehr 
mit der Außenwelt abschließen; das Gemach, welches sie gemeinsam be- 
wohnen, soll nur einen Ausgang haben. Nur Kardinäle, welche das Konklave 
wegen schwerer Krankheit verlassen mußten oder welche erst nach Ablauf der zehn- 
tägigen Frist eintrafen, haben noch Zutritt. Nach Ablauf von drei Tagen sollten 
die Kardinäle nur mehr je ein Gericht für Mittag und Abend, nach weiteren fünf 
Tagen nur mehr Brod, Wein und Wasser erhalten. Diese strengen Speisegebote 
Gregor's X. wurden späterhin gemildert. Vorherige Versprechungen, Verträge oder 
Eide, die die Wahl betreffen, sind nichtig und strafbar. Für den Fall daß der 
Papst an einem anderen Orte als dem Sitz der Kurie verstorben ist, haben sich die 
Kardinäle dorthin zu begeben. Ist aber die Ortschaft oder die Stadt mit dem 
Interdikt belegt oder in offener Empörung gegen die Römische Kirche, so muß ein 
nahegelegener Ort gewählt werden, in Betreff dessen diese Hindernisse nicht obwalten. 
Ob Rom unter der königlich italienischen Herrschaft als in Empörung gegen die 
Kirche begriffen zu betrachten sei, war beim letzten Konklave im Schooße des Wahl- 
körpers bestritten; die Wahl erfolgte zwar in Rom, aber unter voller Verwahrung 
aller päpstlichen Rechte; die Freiheit der P. ist jedenfalls durch die derzeitige 
Italienische Gesetzgebung so unbeschränkt als möglich verbürgt. (Legge sulle prero- 
gative del Sommo Pontifice e della Santa Sede e sulle relazioni dello stato colla 
chiesa, sogen. Garantiegesetz vom 13. Mai 1871 Art. 6: „Durante la vacanza 
della sede pontificia nessuna autorità giudiziaria o politica potra per qualsiasi 
causa porre impedimento o limitazione alla libertà personale dei cardinali. I 
Governo provvede a che le adunanze del Conclave e dei Concili Ecumenici non 
siano turbate da alcuna esterna violenza.") — Von den angegebenen Formvor- 
schriften darf das Kollegium nach ausdrücklicher Vorschrift Clemens' V. sich weder 
ganz noch theilweise dispensiren, wenn hierzu nicht ganz besondere Gründe vorliegen. 
Gregor XV. und Urban VIII. haben (1621—1625) das ganze Ceremoniale der P. 
noch besonders kodifizirt (Aeterni patris filius und Ad Romanum Pontificem). Die 
Personen, welche die Kardinäle- mit in's Konklave nehmen dürfen, sind nach Zahl 
und Stand genau angegeben. Nach dem Eintritt in's Konklave beschwören die 
Kardinäle die Kirchengesetze über die P. Für die Rechtsgültigkeit der Wahl ist die 
Beobachtung der Vorschriften über Konklave und Klausur (nicht aber der übrigen 
Formalien) unbedingte Voraussetzung. Die Wahl erfolgt per inspirationem: 
durch sofortige Einstimmigkeit; oder per compromissum: indem die Kardinäle 
die Wahl einigen Schiedsmännern übertragen, die aber einstimmig gewählt sein 
müssen; oder per scrutinium: durch schriftliche Abstimmung. Letzteres ist die 
Regel und die Einzelheiten der Abstimmung sind auf's allergenaueste geordnet (val. 
Richter-Dove, Kirchenrecht, § 123 N. 28 die Angabe der einzelnen Akte). Hat 
das erste Skrutinium keine Zweidrittelmehrheit ergeben, so ist der sogen. Acceß 
gestattet: das Skrutinium wird wiederholt und hierbei ist der Zutritt neuer Stimmen 
zu den bisher schon auf einen Kandidaten vereinigten gestattet. Ist eine gültige 
Wahl erfolgt, so findet nach erfolgter Annahme, durch welche sofort die Jurisdiktion 
erworben wird, Wechsel des Namens und danach die feierliche Adoration durch die 
Kardinäle statt; sodann wird die Publikation der Wahl an's Volk durch den ältesten 
Kardinaldiakon vollzogen, weiterhin geschieht die Krönung, von welcher die Päpste
	        
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