146 Preßpolizei.
wenigstens die Ingerenz der nichtrichterlichen Behörden ausgeschlossen wissen wollten
(Gegner der vorläufigen Beschlagnahme, aber unter sich vielfach abweichend: Mohl,
Gneist, Wahlberg, John, Jaques, Margquardsen u. A.; die Deutschen
Journalisten schwankten in ihren Ansichten, ebenso wie die Juristentage). Die heute
geltenden Bestimmungen des MPreßgesetzes sind das Resultat eines Kompromisses
(Preßges. §§ 23 ff.). Aus denselben ist hervorzuheben:
a. Die nichtrichterliche Beschlagnahme ist nicht allgemein, wie nach der StrafP O.,
sondern nur wegen gewisser Delikte zulässig. Diese sind: Uebertretungen der
§§ 6, 7, 14 u. 15 des Preßges. (Nichtnennung von Drucker, Verleger 2c., Ver-
breitung einer verbotenen Druckschrift, Veröffentlichung über Truppenbewegungen);
ferner Uebertretungen der §§ 85, 95, 184, 111, 130 des Straf GB. (Aufforderung
zu Hochverrath, Majestätsbeleidigung, unzüchtige Darstellungen, Schriften u. f. f.,
Aufforderung zu strafbaren Handlungen, Aufreizung zum Klassenkampf), die beiden
letzten Delikte (88 111, 130 des Straf G.) jedoch nur dann, wenn dringende Ge-
fahr besteht, daß bei Verzögerung der Beschlagnahme die Aufforderung oder Auf-
reizung ein Verbrechen oder Vergehen unmittelbar zur Folge haben werde. In allen
Fällen aber muß, wie nach der Straf P O., ein mindestens versuchtes Delikt vor-
liegen, damit die Beschlagnahme zulässig sei.
b. Die richterliche Beschlagnahme bedarf unter allen Umständen der gericht-
lichen Bestätigung (wenn sie vor Erhebung der öffentlichen Klage stattgefunden
hat, durch den Amtsrichter, in dessen Bezirk sie vorgenommen wurde). Die Ein-
holung der gerichtlichen Bestätigung muß binnen kurz bemessenen Fristen stattfinden,
und die Beschlagnahme erlischt, wenn die Bestätigung nicht binnen fünf Tagen nach
der Anordnung herabgelangt ist.
c. Gegen den die Beschlagnahme aufhebenden Gerichtsbeschluß ist kein Rechts-
mittel zugelassen.
d. Auch der bestätigende Gerichtsbeschluß muß aufgehoben werden, wenn nicht
binnen zwei Wochen nach der Bestätigung die Verfolgung in der Hauptsache ein-
geleitet ist.
Bei der Beschlagnahme sind die dieselbe veranlassenden Stellen der Schrift
unter Anführung der verletzten Gesetze zu bezeichnen. Trennbare Theile der Schrift,
welche nichts Strafbares enthalten, sind von der Beschlagnahme auszuschließen. Die
Beschlagnahme kann sich auch auf die zur Vervielfältigung dienenden Platten und
Formen erstrecken; sie erfolgt bei Druckschriften im engeren Sinne auf Antrag des
Betheiligten durch Ablegen des Satzes. Der Beschlagnahme unterliegen nicht nur
die bereits in Verbreitung befindlichen, aber noch nicht in Privatbesitz übergegangenen,
sondern auch die noch nicht verbreiteten, aber zur Verbreitung bestimmten Exemplare
der Druckschrift.
Verbreitung der Druckschrift oder Wiederabdruck derselben während der Dauer
der Beschlagnahme ist, wenn der Thäter Kenntniß von derselben hatte, mit Geld-
strafe bis zu 500 Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten zu belegen. —
In weiterem, als dem hier erörterten Umfange ist die Beschlagnahme nach dem
Sozialistengesetze zulässig. —
Das Oesterr. Recht gestattet (StrafsPp O. § 487) die vorläufige nicht-
richterliche Beschlagnahme ohne weitere Einschränkung, wenn Druckschriften ent-
weder gegen die Vorschriften des Preßgesetzes ausgegeben oder verbreitet werden oder
wenn sie im öffentlichen Interesse zu verfolgen sind; die vorläufige richterliche
Beschlagnahme aber nur auf Klage und Antrag des Privatklägers. Die nicht-
richterliche Beschlagnahme bedarf der gerichtlichen Bestätigung, die (nach §§ 488 ff.
der Straf O.) in ähnlicher Weise, wie nach Deutschem Rechte, eingeholt werden
muß (doch sind die Fristen weiter bemessen). Eine wohlgemeinte, aber durchaus
unpraktische Bestimmung (die sich übrigens auch im Hamburgischen und Badischen
Rechte fand) enthält § 491 cit., nach welchem, wenn das Gericht die Beschlagnahme