154 Primage.
arbeitet von heute auf morgen, unter dem ersten Eindrucke einer telegraphisch ein-
getroffenen Nachricht, während der Setzer auf das Manuskript wartet. Produkt
augenblicklicher Eingebung, oft leidenschaftlicher Erregung, in kurzer Frist dem Ver-
sasser selbst fremd geworden, und auf die augenblickliche Stimmung berechnet, muß
der Zeitungsartikel aus den Umständen, denen er seine Entstehung verdankt, beurtheilt
werden. Mit den Verhältnissen ändert sich seine Bedeutung. Darum ist rasches,
der That möglichst unmittelbar sich anschließendes, Strafverfahren nothwendig,
soll das Urtheil der Individualität des Falles gerecht werden. Der periodischen,
in kurzen Intervallen erscheinenden Druckschrift gegenüber ist eine kürzere Ver-
jährungsfrist gewiß gerechtfertigt. Objektive, gegen die Druckschrift als solche ge-
richtete Maßregeln (Unbrauchbarmachung) werden durch den Eintritt der Verjährung
nicht ausgeschlossen. 2) Dazu tritt nun die Möglichkeit einer sofortigen Ein-
leitung und raschen Durchführung des Verfahrens. Drucker, Verleger und Redakteur
sind mit Namen und Wohnort den Behörden bekannt; der objektive Thatbestand ist
in der Druckschrift verkörpert und durch die Zulassung der nichtrichterlichen Be-
schlagnahme sofort feststellbar; die gesetzlichen Präsumtionen machen die Sammlung
der Nachweise für die subjektive Verschuldung meist entbehrlich: Gründe genug, um
mit der Verfolgung rasch vorgehen zu können. —
Die Reichsgesetzgebung hat diesen Erwägungen Rechnung getragen (ähnlich
Oesterr. Preßges. §§ 27 u. 40). Nach § 23 verjährt die Strafverfolgung (nicht die
Strafvollstreckung, für welche die gewöhnlichen Fristen aufrecht erhalten bleiben)
derjenigen Verbrechen und Vergehen (nicht Uebertretungen), welche durch Verbreitung
von Druckschriften strafbaren Inhaltes begangen werden (es sind die Preßdelikte
in dem oben besprochenen Sinne), sowie derjenigen sonstigen Vergehen, welche in diesem
Gesetze mit Strafe bedroht sind (der Preßpolizeidelikte) in sechs Monaten.
V. Die Aburtheilung der Prefdelikte ist den gewöhnlichen Gerichten zu-
gewiesen. Doch bleiben (nach § 6 des EcG. zum GW.) die bestehenden landes-
gesetzlichen Vorschriften über die Zuständigkeit der Schwurgerichte für Preßdelikte in
Kraft. Solche Vorschriften bestehen in Bayern, Württemberg, Baden und Oldenburg.
Vgl. d. Art. Schwurgericht.
Lit.: S. d. Art. Preßgesetzgebung. — Vgl auch die Art. Herausgeber, Preß-=
gewerbe, 5 Bregee geb. 8 8 h v r. örs n P
Primage (auch Prämie, primage; — Th. I. S. 544) ist in der älteren Bedeutung
eine Belohnung, welche der Befrachter (d. i. Derjenige, welcher den Seefrachtvertrag mit
dem Verfrachter geschlossen hat) oder auch der Ablader (d. i. Derjenige, welcher die
Frachtgüter liefert) dem Schiffer für die glückliche Ankunft des Frachtguts mit oder
ohne vorgängige Zusicherung gewährte. Die vertragsmäßige Zusicherung der P.
seitens des Befrachters erfolgte späterhin regelmäßig nicht zu Gunsten des Schiffers,
sondern zu Gunsten des Rheders und dem Schiffer verblieb nur eine die Fracht
übersteigende Belohnung, welche den Namen: Kaplaken (panni cappales,
Engl. hatmoney und auch noch primage, Französ. chapeau de mastre genannt)
führte, theils an der Fracht für eine Tonne, theils in Prozenten der Fracht (von
2 bis zu 6 Prozent) bestand und an die Bedingung geknüpft war, daß der Be-
frachter mit dem Schiffer objektiv zufrieden sei. S. hierüber d. Art. Kaplaken.
Auch dieses Kaplaken oder P. wurde späterhin zur Fracht gerechnet und nicht an
den Kapitän, sondern an den Rheder bezahlt. In England wurde sodann eine
Extravergütung des Kapitäns usfanzmäßig eingeführt, das sog. privilege, und in
Deutschland und Frankreich (in ersterem, insbesondere Hamburg, unter dem Namen:
Gratifikation, Gratiale und auch Kaplaken, in Frankreich als „étrennes“ oder
„chapeau“) häufig ein prozentmäßiger Zuschlag zur Fracht für den günstigen Ausfall
der überseeischen Spekulation bedungen, welcher nur dann dem Schiffer und nicht
dem Rheder zu leisten war, wenn Ersteres ausdrücklich vereinbart worden.