162 Prioritätsaktien.
von einer Grundbucheintragung ab; begründet das Pfandrecht mit der Bewilligung
seitens des Bundesrathes, wonächst die Eintragung in ein Pfandbuch erfolgt (Art. 4,
5; Meili, S. 28). Der dem Deutschen Reichstage (4. Legislaturperiode II. Session
1879) vorgelegte Entwurf eines RGef., betr. das Pfandrecht an Eisenbahnen und
die Zwangsvollstreckung in dieselben, ist bisher nicht zur Berathung gelangt. Zweck-
mäßig soll das Pfandrecht an der Bahneinheit mit der Eintragung in das Eisen-
bahnbuch (Pfandbuch) entstehen. Die Begründung des Entwurfes ist von wissen-
schaftlichem Werth. Eine Organisation der einzelnen Inhaber einer Anleihe zur Wahr-
nehmung der gemeinsamen Rechte ist durchaus erforderlich; einen Schritt hierzu thut
das oben erwähnte Oesterr. Gesetz vom 24. April 1874. Bgl. Schweizerisches Gesetz
Art. 15 und Entwurf eines Res., betr. das Faustpfandrecht für Pfandbriefe und
ähnliche Schuldverschreibungen. Die zu Irrthümern Anlaß gebende Bezeichnung
Prioritätsobligation sollte mindestens nicht weiter geführt werden; für neue Anleihen
empfiehlt sich die Bezeichnung Anleiheschein.
Die Nothwendigkeit der Kapitalsbeschaffung hat den Stammaktien gegenüber
bevorrechtete Aktien zur Gestaltung gelangen lassen, welche als Stamm-P., Prioritäts-
stammaktien, P., actions privilegiées, preference shares, preferred shares im
Gegensatz zu den actions de capital, actions originairement émises, ordinary shares,
original shares bezeichnet werden. Die Sonderstellung dieser P., ihre Vorrechte
gegen die Stammaktien sind statutarisch sehr mannigfaltig; es ist der Ansicht ent-
gegenzutreten, daß dieselben qualifizirte Prioritätsobligationen seien; die Inhaber
sind vielmehr Aktionäre im Sinne des Art. 214 des HG#B., wodurch auch eine
Amortisation keineswegs ausgeschlossen ist; sie machen Einlagen, durch welche das
Grundkapital (Art. 209 Ziff. 4) erhöht wird. Im Falle des Konkurses der Gesell-
schaft können die P. ebensowenig, wie die Stammaktien zur Masse liquidiren; erst
nachdem die gesammte Gläubigerschaft zur vollen Befriedigung gelangt, können sie
zur Hebung gelangen, wobei dann für den Einzelfall zu entscheiden ist, wieweit das
Vorrecht reicht.
Im Gebiet des Allg. Deutschen HGB. kann bei den für die Entstehung der
Aktien gesetzlich bestimmten Formen ein Zweifel, ob Anleiheschein oder Aktie, Gläubiger
oder Gesellschafter, nicht wol entstehen. Anderweit werden die Abhängigkeit der
Jahresbezüge von dem Gewinn, das Stimmrecht in den Generalversammlungen,
das Zurückstehen gegen die Gläubiger, das Verhältniß zu den Aktien, denen gegen-
über ein Vorrecht gewährt ist, die Grundlage für die Trennung der P. und
Gläubiger (Prioritätsgläubiger) geben. Die Einfügung von P. in eine bestehende
Aktiengesellschaft ist, obwol statutarisch nicht vorgesehen, vielfach anstandslos durch-
geführt (z. B. Vereinigte chemische Fabriken zu Leopoldshall, Beschl. vom 5. April
1873), jedoch ohne Regelung im Einzelnen und Klarstellung der Verhältnisse der
P. zu den Stammaktien, namentlich im Fall der Kollision. Die statutarische Zu-
lässigkeit der Grundkapitalerhöhung verpflichtet nicht die Vorschiebung von P. zu
bewilligen. Bei der Abgeschlossenheit der Geschäftsjahre mit ihren Gewinnergebnissen
besteht ein Nachbezugsrecht auf einen von den Stammaktien zu entnehmenden
Dividendenbetrag, falls der Jahresgewinn nicht ausreicht, aus dem Gewinne fol-
gender Jahre nicht (anders die Engl. Rechtsprechung, Shelford, S. 193). Ist die
Dividendennachzahlung bedungen oder nach den Umständen als gewollt anzunehmen,
so ist damit ein Forderungsrecht gestaltet, welches in seinem Befriedigungsrecht auf
den Gewinn späterer Jahre beschränkt ist. Die Rangordnung zwischen laufenden
Prioritätsdividenden und Nachbezugsrecht, sowie zwischen Nachbezugsrechten ver-
schiedener Jahre läßt sich weder aus dem Aktienrecht, noch aus den Bestimmungen
über die Verrechnung von Zahlungen beim Vorhandensein verschiedener Forderungen
herleiten (Wiener, S. 339). Der Verkehrsanschauung wird es entsprechen, daß die
laufende Dividende dem Nachbezugsrecht vorgeht. Das ROSG. hat hauptsächlich
darauf hin, daß die erste statutarische Festsetzung eines Dividendenbezugsrechts (Preuß.