Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

168 Prisenrecht. 
und Art. XI. nur die Konfiskation der Kriegskontrebande fordert. Die Pariser See- 
rechtsdeklaration erklärt die neutrale Waare auch unter feindlicher Flagge für frei. 
Außerdem verkündet die Deklaration von 1780, daß die in ihr enthaltenen Grund- 
sätze in dem Verfahren und den Entscheidungen über die Legalität der Prisen zur 
Richtschnur dienen sollen, und erklärt die Pariser Deklaration die Kaperei für auf- 
gehoben. Beiden Deklarationen fehlen Bestimmungen über Deklaration und Notifikation 
der Blokade und über die Konstatirung des Blokadebruchs. Zwei Aufgaben ver- 
bleiben den Seestaaten: 1) die Pariser Seerechtsdeklaration durch eine vollständige 
und fortentwickelte zu ersetzen und 2) einer zu vereinbarenden neuen Deklaration die 
Anerkennung aller Seestaaten zu verschaffen. Ein allgemeines Kriegsseerecht er- 
strebten schon im vorigen Jahrhundert mehrere Staaten (s. den Introitus und 
art. X des Vertrags zwischen Rußland und Dänemark vom 9. Juli 1780, art. V. 
der dieser Konvention beigefügten Separatartikel; Vertrag Rußlands mit Schweden 
vom 21. Juli/1. Aug. 1780 und mit Preußen vom 8. März 1780 (art. sep.); 
Vertrag Preußens und der Vereinigten Staaten von Nordamerika vom 10. Sept. 
1785, 11. Juli 1799 und 1. Mai 1828. Es fixiren ferner die zum Vertrag Groß- 
britanniens mit Rußland vom 5./17. Juni 1801 festgestellten Additionalartikel, die 
sowol zur Beschleunigung des Prisengerichtsverfahrens als zur Entschädigung der 
Eigenthümer von Schiff und Ladung im Fall unbegründeter Zurückhaltung derselben 
zu befolgenden Regeln und Prinzipien. Es erfolgte hierzu der Beitritt von Dänemark 
am 11./23. Okt. 1801 und von Schweden am 18. März 1802. So förderten 
einzelne Staaten das materielle und formelle P. Ausfschluß über übereinstimmende 
Ansichten verschiedener Staaten in Bezug auf das P. geben auch die über dieses 
allein von verschiedenen Staaten als Alliirten in einem Kriege geschlossenen Prisen= 
konventionen. Es sind hier zu nennen: die Prisenkonventionen von England und 
Frankreich für den Krimkrieg vom 10. Mai 1854, und für den Krieg gegen China 
vom 22. Febr. 1860, und von Oesterreich und Preußen für den Krieg gegen 
Dänemark vom 6. Juni 1864. Sie bestimmen namentlich die kompetente Juris- 
diktion für die an Kauffahrern des Alliirten gemachten Prisen indem diese der 
Prisenjurisdiktion des eigenen Staates übergeben werden sollten und führen als Prisen- 
fälle nur an den Blokadebruch und die Zufuhr von Kriegskontrebande. 
Vertragsmäßige Vereinbarungen und legislatorische Akte entwickelten das P. 
weiter als es in den obenbezeichneten Deklarationen enthalten war. In der Zeit 
nach der Pariser Seerechtsdeklaration erklärten in Bezug auf ihren Krieg gegen China 
England am 7. März und Frankreich am 28. März 1860 feindliches Eigen- 
thum auch auf feindlichem Schiff für frei, verkündete Italien die Freiheit feind- 
licher Schiffe im Seekriege für den Fall der Reziprozität im art. 211 Tit. V seines 
Seerechtskodex, und nachdem Oesterreich sich am 13. Mai 1866 für diese Freiheit 
in Bezug auf seinen Krieg gegen Italien erklärt hatte (Verordn. vom 20. Juni 
1866). Auch Preußen hat in seinem Kriege gegen Oesterreich mittels Königl. Er- 
lasses vom 19. Mai 1866, unter Bedingung der Reziprozität, und ohne diese Be- 
dingung im Kriege gegen Frankreich, im Namen des Norddeutschen Bundes, am 
18. Juli 1870 sich für die Freiheit feindlicher Handelsschiffe ausgesprochen, indeß 
sollen sie der Wegnahme dann unterliegen, wenn neutrale Schiffe ihr unterliegen. 
In ihrer den Beitritt zur Pariser Deklaration weigernden Erklärung hatten sich die 
Vereinigten Staaten von Nordamerika und im Jahre 1860 Holland, Dänemark, 
Hannover, Bremen und Lübeck für Unverletzlichkeit des feindlichen Privateigenthums 
ausgesprochen, als diese letzteren Staaten vom Holländischen Minister des Aus- 
wärtigen vom 11. Januar 1860 zur Abgabe einer Kollektiverklärung darüber auf- 
gefordert wurden. 
Die Berufungen auf das Völkerrecht als Quelle des P. in staatlichen Akten 
und Verträgen, Prisengerichtsentscheidungen und wissenschaftlichen Werken sind in 
dieser Allgemeinheit werthlos. Erst nachdem ein das gesammte P. umsfassendes
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.