Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Prisenrecht. 169 
internationales Reglement der Seestaaten vereinbart worden, wird von einem 
geltenden vollständigen Völker-P. die Rede sein können, zu welchem bisher nur 
Bruchstücke in der Pariser Deklaration vorliegen. Dazu aber, daß die von einzelnen 
Staaten mit einander vertragsmäßig vereinbarten Bestimmungen zum Völkerrecht 
werden, ist schon der Hinzutritt der großen Mehrzahl der Seestaaten genügend, denn 
einige wenige Seestaaten können das Zustandekommen völkerrechtlicher Prisenbestim- 
mungen durch ihren Widerspruch nicht hindern, sonst könnte auch die Pariser See- 
rechtsdeklaration nicht beanspruchen, ein völkerrechtliches Aktenstück zu sein, wenn 
auch nach Bestimmung der Deklaration nur diejenigen Staaten, welche sie unter- 
zeichneten oder ihr beitraten, an die Bestimmungen derselben gebunden sind. 
Darüber was Gegenstand der Prise sein könne, sind die Auffassungen der 
Staaten verschieden, je nachdem sie die Unverletzlichkeit des Privateigenthums in 
Kriegen von Seestaaten im engeren oder weiteren Umfange anerkannten. Ein prisen- 
gerichtliches Verfahren wurde in früherer Zeit hauptsächlich gegen neutrale Schiffe 
und Güter geübt, feindliche verfielen eo ipso nach den Grundsätzen für Kriegsbeute 
und nationale wurden nach staatsrechtlichem Ermessen behandelt. Indeß ist heut- 
zutage eine gleiche Behandlung aller Prisen, abgesehen von der Nationalität, an- 
gebahnt. Auf diesem Standpunkte stehen die Italienische Instruktion (art. Vj und 
die Französische von 1870, auch das Preußische Reglement (§ 22) hinsichtlich des 
Blokadebruchs. Immerhin kann aber nur Privateigenthum Gegenstand einer Prise 
sein, fälschlich bezeichnet daher die Oesterr. Verordn. vom 9. Juli 1866 § 5 a 
Schiffe, welche feindliches Staatseigenthum sind, nebst ihrer Ladung als gute 
Prise. Diese können nur Gegenstand der Kriegsbeute sein und unterliegen keinem 
Prisenverfahren. Ein Fischerfahrzeug kann nur, wenn es zu im Prisenreglement ver- 
botenen Handlungen benutzt wird, Gegenstand der Prise sein (art. III der Ital. 
Instr. von 1866; art. 2 der Franz. von 1870; Span. Recht). Jedes durch Sturm 
verschlagene oder von seiner Mannschaft aus diesem oder anderen Gründen verlassene 
Schiff, oder dessen Ladung wird nur unter gleicher Voraussetzung Gegenstand der 
Prise, oder verfällt nur dann, falls, trotz stattgehabter Publikation, der berechtigte 
Eigenthümer sich nicht meldete (Königl. Niederländ. Dekret vom 13. Dez. 1818 
art. 6; Schwed. Prisenordonnanz vom 12. April 1808 art. IV § 5; Franzöfs. 
arrsté vom 6. germinal Jahr VIII art. 2, 8 u. 19; Dekret vom 18. Juli 1854 
art. 2; Instr. Ccompl. 1870 art. 19; Italien. Seerechtskodex art. 221). 
Eine Kondemnation oder gerichtliche Verurtheilung von Schiff oder Ladung 
oder beider zugleich, sollte nur für im Prisenreglement verbotene Handlungen erfolgen. 
Als solche oder als Fälle einer bonne prise werden in den Bestimmungen von 
Staaten anerkannt: die verbotenen Transporte von Kriegs= und Ouasi-Kriegskontre- 
bande, der Blokadebruch und der Widerstand gegen das Anhalten, Visitiren, Durch- 
suchen und die saisie (Dän. Prisenregl. vom 16. Febr. 1864 II. 11 be; Kaiserl. 
Oesterr. Verordn. vom 9. Juli 1866 § 5be §6; Preuß. Reglement § 7, 2, 3 
und § 22). Das als verdächtig aufgebrachte Schiff gilt nach dem Preuß. Prisen- 
reglement § 7, 4 und nach der K. Oesterr. Verordn. vom 9. Juli 1866 § 5 e 
nur dann als gute Prise, falls der Verdacht durch die Untersuchung nicht beseitigt 
wurde. 
Sobald der Unterschied der Behandlung der Schiffe je nach ihrer Nationalität 
fortfällt, werden auch die Kondemnationen wegen falscher, gefälschter, vernichteter 
oder über Bord geworfener Schiffspapiere fortfallen. Hat ein Privatschiff an Feind- 
seligkeiten der Kriegführenden Theil genommen, so wird es nach den Grundsätzen 
des Kriegsrechts, nicht nach denen des P. verfallen. Zum Aussprechen der Kondem- 
nation ist das Vorhandensein befonderer Merkmale für die verbotenen Handlungen 
erforderlich. Der verbotene Transport muß für den Feind bestimmt und in flagranti 
kapturirt sein. Zur Kondemnation für Blokadebruch ist erforderlich, daß die Blokade 
effektiv, publizirt und zur Kenntniß des Blokadebrechers gelangt ist. Die Aus-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.