172 Prisenrecht.
der Kriegführenden bestimmen die gewährte Frist. Ueberhaupt aber wird das P.
an Schiff oder Ladung nur geübt werden dürfen, unter Voraussetzung der Kenntniß-
nahme von der Kriegserklärung durch die bezüglichen Kapitäne oder Eigenthümer
der Ladung.
Das P. darf von den Kriegführenden in ihren Gewässern und auf offener See,
nicht aber in neutralen Gewässern geübt werden (Dän. Regl. vom 16. Febr. 1864;
Preuß. § 9; Oesterr. Verordn. vom 3. März 1864 § 3; Franzöf. Instr. § 4 und
Ergänzungen zu derselben § 1; Russisches P. 88 20, z1, 27 u. 28; Schwedische
Ord. art. I. § 1; Ferman der Pforte an den Kapudan- Pascha, März 1793 und
Italien. Instr. art. IV. Verträge: Frankreichs mit England vom 26. Sept. 1736
art. 11 und mit Rußland vom 11. Januar 1787 art. 28). Das Französische
Conseil des Prises erklärte die in neutralen Gewässern gemachten Prisen für null
und nichtig mittels Entscheidung vom 27. fruct. J. VIII, während die Russischen
Regeln §§ 25 und 26 dem neutralen Staat die Prise zusprechen und die Regierung
des Kaptorstaates zur Entschädigung an den Eigenthümer verpflichten.
Das P. müßte in ein Recht der Beschlagnahme (saisie) verwandelt werden.
Der art. 3 der Pariser Deklaration spricht nur von nicht zu saisirenden Gegenständen,
nirgends spricht diese Deklaration von Prisen. Die Saisie drückt nur eine provisorische
Maßregel aus, die erst und nur eventuell: im Falle der Kondemnation durch Prisen-
gerichtsurtheil zur definitiven wird, da ja die Saisie durch ein freifprechendes Urtheil
auch aufgehoben werden kann.
Auf das Anhalten eines Schiffes (s. d. Art. Durchsuchungsrecht) folgt
die Visite, auf die Visite eventuell auch die Durchsuchung (s. denselben Art.). Die
Saisie ist aber nicht die nothwendige Folge weder der einen, noch der anderen,
sondern erfolgt nur je nach deren Ergebniß. Eine Saisie ohne vorhergehende Visite
ist aber unzulässig (Französ. Instr. art. 15). Die Saisie kann, um ein Rechtsakt
zu sein, nur unter gewissen Voraussetzungen und in Form Rechtens effektuirt werden.
Die Bestimmungen der meisten Reglements und Verträge bezogen sich nur auf die
Saisie neutraler Schiffe, da die feindlichen früher ipso iure verfielen. Nachdem die
meisten Seestaaten auch feindliche Schiffe nur für verbotene Handlungen verfallen
lassen, und einige Staaten auch Bestimmungen über das P. an eigenen oder natio-
nalen Schiffen enthalten, ist auch die Saisie an allen Kategorien von Schiffen,
abgesehen von deren Nationalität, gleicher Regelung zu unterwerfen. Nach den
Bestimmungen der einzelnen Staaten kann die Saisie ausgeübt werden wegen ver-
botener Transporte von Kriegskontrebande und Quasi-Kriegskontrebande, d. h. der
offiziellen Korrespondenz des Feindes, der Truppen des Feindes oder für den Feind
(Ital. Instr. art. VIII; Französ. Instr. art. V und VI und complém. art. XI;
Russische Prisenregeln §§ 14 und 15) und von Fourniture für Kriegsschiffe (Russischer
Ukas vom 24. Mai 1877 art. 7), wegen Blokadebruchs und wegen Widerstandes
gegen die Anhaltung, Visitation oder Durchsuchung. Die Saisie ist aber auch aus-
geübt worden für den Fall der Verdächtigkeit, ferner wegen falscher, gefälschter oder
doppelter Schiffspapiere, wegen Vernichtung oder Werfen derselben ins Meer beim
Herannahen des arretirenden Kreuzers (Schwed. Vertr.; versch. Spanische, Franzöf.
Instr. art. VI und instr. compl. art. V, IX und X; Dän. Regl. vom 16. Febr.
1864 §§ 6, 7 und 10; Oesterr. Verordn. vom 3. März 1864 88§ 1 und 2 und vom
9. Juli 1866 88 1 und 2; Preuß. Regl. §§ 2—6; Italien. Seerecht art. 211
und Instr. art. 20; Russische Prisenregeln 88 10, 60, 76. 83—88 und 101). Die
Russischen Prisenregeln nehmen ein zu wissenschaftlichen Expeditionen bestimmtes
Schiff unter der Voraussetzung von der Saisie aus, daß es die Neutralitätsgesetze
beobachtet.
So lange die Nationalität der Schiffe für die Saisie von Bedeutung ist, sind
es auch die bezüglichen Bestimmungen. Es finden sich dieselben in Gesetzbüchern,
Verordnungen und Verträgen (art. 226 des Code de commerce; art. 724 des