174 Prisenrecht.
Ladung sind mit Beschlag zu belegen und zu inventarisiren, und auf das genommene
Schiff wird eine zu dessen Behauptung und zur Aufrechterhaltung der Ordnung aus-
reichende Mannschaft vom Kriegsschiff übergeführt. Schiffspapiere und Briefe werden
gleichfalls mit Beschlag belegt, inventarisirt und versiegelt. Ueber die Saisie, den
Zustand des Schiffes und der Ladung und die geschehene Inventarisirung wird ein
Protokoll ausgenommen. Schiff und Ladung sind auf der Fahrt, außer in dringenden
Fällen namentlich zur Vermeidung von Deteriorationen, intakt zu erhalten, und ist
die Ladung nicht zu öffnen. Die Mannschaft des saisirten Schiffes wird nur dann
kriegsgefangen, wenn sie zum Militär des Feindes gehört oder ein feindseliges Be-
nehmen an den Tag legt, übrigens ist die Mannschaft zu ernähren, kleiden und
erforderlichenfalls zu pflegen. Die Verbrennung oder Versenkung eines saisirten
Schiffes, über welche Akte ein Protokoll auszunehmen ist, sind gestattet: 1) falls es
schwierig ist, das Schiff wegen seines schlechten Zustandes bei Seegang über Wasser
zu halten; 2) wenn das Schiff so schlecht segelt, daß es dem Kriegsschiff nicht folgen
kann und deshalb vom Feinde genommen werden könnte; 3) wenn eine herannahende
feindliche Kriegsmacht die Wiederabnahme der Prise befürchten läßt; 4) wenn das
arretirende Kriegsschiff, ohne Verringerung der zu seiner legalen Sicherheit erforder-
lichen Mannschaftszahl, nicht im Stande ist, die genügende Mannschaft auf das
genommene Schiff überzuführen; 5) wenn die Prise zu werthlos, als daß sich deren
Abführung lohnt; 6) wenn ein Hafen, wohin die Prise geführt werden könnte, zu
weit entfernt ist. (Die einen oder anderen der vorstehend angeführten Bestimmungen
finden sich in der Verordnung der Niederlande vom 26. Jan. 1785; im Dinischen
Regl. vom 16. Febr. 1864 §8§ 15, 18 und 19; in den Oesterr. Verordn. vom
3. März 1864 §8§ 10, 11 und 14, und vom 9. Juli 1866 8§§ 7, 12 und 15;
im Preuß. Prisenreglement §§ 13, 16 und 18; in den Französ. Instr. von 1870
art. 15 und compl. § 20; in den Russischen Prisenregeln §§ 66—72, 104 und 108;
in der Akte der Vereinigten Staaten von Nordamerika von 1864 art. 1; in der
Instr. der Prisenkonvention Englands und Frankreichs von 1854 art. 3 und 6, und
der Instr. der Prisenkonvention Oesterreichs und Preußens von 1864 Art. 1—3 und 6,
und in dem Vertrag Italiens mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika von
1871 art. 16 und 20.) Es ist selbstverständlich, daß vor der Vernichtung des
genommenen Schiffes das gesammte Personal desselben von demselben entfernt und
dessen Ladung möglichst geborgen wird, sowie daß die Legalität der Fortnahme und
Vernichtung prisengerichtlicher Prüfung unterliegt.
Ein genommenes Schiff ist zunächst von dem dasselbe fortführenden Kriegsschiff
in den nächsten Hafen des Nehmestaates zu bringen. Nur wenn sich in der Nähe
des Ortes der Prisennahme ein Hafen des Nehmestaates nicht befindet oder wenn
ein solcher zu weit entfernt ist, kann das Schiff in einen Hafen einer alliirten Macht
verbracht werden, in einen Hafen einer neutralen aber nur wegen Seenoth und wenn
das begleitende Kriegsschiff von einer feindlichen Uebermacht verfolgt ist. (Vgl.
Niederländisches Plakat vom 6. Jan. 1711; Schwedische Praxis in dem citirten
P. rapport, Revue de droit intern. T. X. 224; Dän. Prisenregl. vom 16. Febr. 1864
§ 15; Oesterr. Verordn. vom 3. März 1864 § 10, vom 21. März 1864 § 5,
vom 9. Juli 1866 § 13; Preuß. Regl. §§ 14 und 15; Französ. Instr. § 18;
Russische Regeln §§ 9, 104—106; Prisenkonvent. von England und Frankreich von
1854 und von Oesterreich und Preußen von 1864 Art. 3 und 5.) Die eben citirten
Bestimmungen stimmen im Allgemeinen überein. Die Verbringung von genommenen
Schiffen, sog. Prisen in neutrale Häfen und ihr Verkauf daselbst wird jetzt von der
Mehrzahl der Seestaaten nicht gewährt oder nur ein Aufenthalt von 24 Stunden,
außer im Fall erzwungener Stellungen. (Siehe die Holländ. minister. Verordn.
vom 14. und 15. April 1854; Extrakt aus der Cirkulärnote, betr. die Neutralitäts-
erklärung Dänemarks (beigefügt der lettre patente vom 20. April 1854] 20 u. 4°;
Französ. Neutralitätserklärung vom 9. Juni 1861 und 6. Mai 1877; Italienische