204 Protest — Protestationen.
und sanitären Untersuchung geringere Gefahren für das Gemein-
wesen darbieten, als die vagirenden Einzeldirnen.
83) Alles erkennbare Auftreten der Prostituirten vor der
Oeffentlichkeit, alle direkte oder indirekte unsittliche Verlockungen auf Straßen
und Plätzen, im Theater oder anderen öffentlichen Räumen sind mit größter Strenge
zu unterdrücken und eventuell zu bestrafen. Die dem Laster dienenden Häuser dürfen
weder durch ihre Lage noch durch irgend welche ihre Bestimmung verrathende Auf-
fälligkeit, besonders aber nicht durch persönliches Gebahren der Bewohnerinnen den
Vorübergehenden Aergerniß oder Verführung bieten. Unter keiner Bedingung dürfen
dieselben der unerwachsenen Jugend zugänglich sein,
4) Sämmtliche der Polizeibehörde als gewerbsmäßige Prostituirte bekannte
Personen müssen einer regelmäßigen ärztlichen Untersuchung unterworfen
und beim Befunde einer ansteckenden Genitalerkrankung zwangsweise einem Kranken-
hause bis zur erfolgten Genesung übergeben werden.
5) An welchen Orten und in welchem Maße daselbst eine Duldung
der P. unter den vorstehenden Bedingungen unvermeidlich sei, muß der Entscheidung
der Ortspolizeibehörde, vorbehaltlich des staatlichen Aufsichtsrechtes, anheim-
gegeben werden.
6) Die Ermächtigung der Polizeibehörde zu den vorbezeichneten Maßnahmen
muß auf dem Wege der Gesetzgebung geregelt werden.
7) Eine internationale Uebereinstimmung der Maßregeln zur Beauf-
sichtigung der P. und zur Unterdrückung der Syphilis ist besonders bezüglich der
Hafenplätze möglichst bald anzustreben.
Lit.: Parent-Duchatelet, Die P. in Paris, übersetzt von Becker, Leipz. 1837. —
R. von Mohl, Die Polizeiwissenschaft nach den Grundsätzen des Rechtsstaats, Tübingen
1832—1834. — Behrend, Die P. in Berlin, Erlangen 1850. — Jeannel, Die P. in
den großen Städten u. s. w., übersetzt von Müller, Erlangen 1869. — Kühn, Die P. im
19. Jahrh., Leipzig 1871. — Germann, Vorschläge zur Abwehr der Syphilis, Leipz.
1872. — Majer, Ueber die P.frage in Bayern, in der V.J. Schr. für gerichtl. Medizin
und öffentl. Sanitätswesen, N. F. Bd. XVIII. Heft 1. — Strohl, Zur Pfrage, das.
Bd. XXIV. Heft 1. — Kraus und Pichler, Encykl. Wörterbuch der Staatsarzneikunde,
Bd. III. Art. P. — Uffelmann, Darstellung des auf dem Gebiete der öffentlichen Gesund-
heitspflege in außerdeutschen Ländern bis icst Geleisteten, Berlin 1878, S. 483 ff. —
v. Oettingen, Die Moralstatistik, 2. Aufl. 1874, Absch. „Ueber P.“
Finkelnburg.
Protest, s. Wechfelprotest. ·
Protestationen im Hypothekenbuch. Unter P. im Allgemeinen wird die Ver—
wahrung gegen Folgen verstanden, welche aus Akten dritter Personen zu eigenem Nach-
theil entstehen könnten. In das Hypothekenbuch (Grundbuch) eingetragen, sollen die-
selben vor nachtheiliger Aenderung des Inhalts des Hypothekenbuchs sichern. Das
B. für das Königreich Sachsen drückt dies dahin aus, daß eine in das Hypotheken-
buch eingetragene Verwahrung die Wirkung hat, daß in dasselbe Nichts zum Nachtheile
des Rechts aufgenommen werden darf, dessen Sicherung durch die Verwahrung be-
zweckt wird. Eine eingetragene Protestation kann aber den weiter gehenden Zweck
haben, den Erwerb oder die Erhaltung eines dinglichen Rechts mit bestimmter
Priorität durch Eintragung zu sichern. In der Sprache der neueren Gesetzgebungen
wird eine P. im letzteren Sinn als „Vormerkung“ bezeichnet, — so in der Säch-
sischen Hypothekenordn. vom 6. Nov. 1843 § 51, vgl. Sächs. BGB. SS 404,
405; in der Oesterr. Grundbuchordn. vom 25. Juli 1871 §8§ 835 ff. und im
Preuß. Gesetz über den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grund-
stücke 2c. vom 5. Mai 1872 §§ 8, 9, 16, 22; Grundbuchordn. vom 5. Mai 1872
§ 88. In der neuen Preuß. Gesetzgebung ist aber diese Bedeutung des Wortes
„Vormerkung“ nicht streng festgehalten, da in § 70 des Gesetzes über den Eigen-
thumserwerb auch ein „Widerspruchsrecht“, das durch Vormerkung gesichert werden