Rechtsanwaltschaft. 275
desselben würdiges Verhalten zu beobachten; 2) falls er sich über eine Woche
von seinem Wohnsitz entfernt, für seine Stellvertretung zu sorgen und dem Vor-
sitzenden des Gerichtes, bei welchem er zugelassen worden ist, sowie dem Amtsgerichte
seines Wohnsitzes unter Benennung des Stellvertreters Anzeige zu machen. 3) Er
ist ferner verpflichtet, den ihm überwiesenen, im Vorbereitungsdienste befindlichen
Rechtskundigen Gelegenheit und Anleitung zu praktischen Arbeiten zu geben. 4) Eine
allgemeine Pflicht, Jedermann seine Dienste zu gewähren und jeden Auftrag zu
übernehmen, besteht nicht, nur die Verpflichtung, im Fall der Ablehnung eines
Auftrages, diese ohne Verzug bei Vermeidung des Ersatzes des durch die Zögerung
entstandenen Schadens zu erklären. Wol aber muß der Anwalt sich vom Gericht
einer Partei zuordnen lassen in den Fällen, in denen die Deutsche CPO. (§ 101
Nr. 3, §§ 609, 620, 626) dies verfügt (s. d. Art. Armenrecht und Ent-
mündigungsverfahren), ferner dann, wenn die Partei für Sachen, für welche
Anwaltszwang besteht, keinen zur Vertretung geneigten Anwalt findet und die
Prozeßführung nicht muthwillig oder aussichtslos erscheint, oder auch dann, wenn
es das Gericht zu Gunsten einer mit dem Armenrechte versehenen Partei in solchen
Fällen, wo eine Vertretung durch Anwälte nicht geboten ist, angemessen erachtet.
Eine Pflicht zur Versagung seiner Berufsthätigkeit besteht für den Anwalt, falls sie
für eine pflichtwidrige Handlung in Anspruch genommen wird, falls er bereits der
anderen Partei in derselben Rechtssache bedient gewesen ist oder seine Thätigkeit in
einer streitigen Angelegenheit, an deren Entscheidung er früher als Richter theil-
genommen hat, verlangt wird.
Das Rechtsverhältniß zwischen dem Anwalt und seinem Klienten ist reichs-
gesetzlich nur in einzelnen Punkten geordnet. Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, für
den Klienten geordnete Handakten zu führen, auch dieselben noch 5 Jahre nach Be-
endigung des Auftrages aufzubewahren, sofern er nicht den Klienten zur Empfang-
nahme derselben aufgefordert hat, in welchem Falle die Verpflichtung schon 6 Monate
nach der Aufforderung erlischt. Bis zur Berichtigung seiner Gebühren und Auslagen
hat er aber an den Handakten ein Retentionsrecht. Ferner ist der Anwalt befugt,
in allen Sachen, wo er nicht in Gemäßheit der Deutschen CPO. vom Gerichte
beigeordnet ist, einen angemessenen Vorschuß vor Uebernahme der Vertretung zu ver-
langen. Sodann hat er für seine Thätigkeit Gebühren und Ersatz seiner Auslagen,
insbesondere auch Schreibegebühren und Reisekosten (Tagegelder, Nachtquartiere,
Fuhrkosten) zu beanspruchen. Für die Höhe der ersteren ist die Gebührenordnung
maßgebend, welche die einzelnen Sätze auf der Basis fester Pauschquanta und be-
stimmter progressiver Werthklassen festsetzt. Wenn aber der Rechtsanwalt einer Partei
nicht richterlich beigeordnet oder zum Vertheidiger bestellt worden ist, kann durch
Vertrag eine höhere als die taxmäßige Vergütung vereinbart werden. Der Auftrag-
geber ist indessen nur gebunden, wenn er seine Zusage schriftlich gemacht hat, auch
kann er, wenn der Rechtsanwalt bei der Ausbedingung eine angemessene Grenze über-
schritten hat, eine Herabminderung bis auf den gesetzlichen Betrag, auf dem Wege
des Prozesses, in welchem stets ein Gutachten des Vorstandes der Anwaltskammer
einzuholen ist, erzielen. Soweit das frühere Recht durch die erwähnten speziellen Be-
stimmungen nicht modifizirt wird, ist dasselbe für das Verhältniß zwischen Anwalt
und Klienten noch maßgebend geblieben. Im Gem. Recht hat man dasselbe bald als
Mandat, bald als Dienstmiethe gefaßt, ja sogar (Wetzell) jede Vertragsbeziehung
zwischen beiden Theilen geleugnet. Die Motive zur Deutschen Rechtsanwaltsordnung
haben sich zwar der ersteren Auffassung angeschlossen, und diese tritt auch in der wieder-
holten Bezeichnung des Klienten als Auftraggebers in dem Gesetze mehrfach hervor,
indessen ist dadurch die rechtliche Natur des Verhältnisses immer nicht gesetzlich fest-
gestellt und es hindert nichts dasselbe, als einen Vertrag aufs entgeltliche Leistung
freier Arbeit, in welcher zugleich die Vertretung des einen Kontrahenten inbegriffen
ist, zu charakterisiren.
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