284 Rechtskraft.
Quellen: D. XILII. 1, XLIV. 2; C. VII. 45, 46, 50—58. — X. II. 27. — In VIto II.
14. — Clem. II. 11. — Preuß. Allg. VLR. I. 10 § 2; I. 16 § 7. — Allgem. Ger. Ordn. Einl.
§§ 65, 66; I. 10 5 60; I. 13 5§ 88, 43; I. 16 §§ 1, 6; I. 24 §§ 2, 3, 5. — Verordnung
v. 1. Juni 1888 §F. 1 Nr. 3. — Sächs. BGB. 88 176, 177, 332, 1006, 1857, 1866, 2820. —
Code civ. art. 18350, 1851. — CPO. SS§ 293, 231, 253.
Lit.: Für älteres Römisches Recht: Keller, Litiskont. u. Urtheil. — Bekker, Prozess.
Konsumtion. — Krüger, Konsumtion und Rechtskraft d. Erk. — git heutiges Recht: Sa-
vigny, System, VI. 257—482. — Außerdem: v. Wächter, Erörterungen, Heft III.— Buchka,
Einfluß des Arozesses. — Windscheid, Actio des Römischen Civilrechtes. — Endemann,
Prinz. d. Rechtskr. — Kleinschrod, Die prozessuale Konsumtion und die Rechtskraft des
Civilurtheils, 1875. — Unger, Oesterr. Privatrecht, II. 615—76. — Förster, Preuß.
Privatrecht (herausgegeben 1881 von Eccius), §§ 55, 56; Derselbe, Klage und Einrede,
175—206. — Pfeiffer im Archiv für civ. Praxis Bd. XXXVII., XXXVIII. — Die Lehrbücher
des Gem. und Part. Rechts, sowie die Kommentare zur CPO. — Dazu: Schelling, Lehrbuch
des Deutschen Civ. Prz., 1880, S. 203. — Bolgiano, Handbuch des REiv. Prz. Rechts, 1879,
I. S. 358—388. Kayser.
Rechtskraft hat im Strafprozeß eine richterliche Verfügung erlangt, wenn
sie weder einer vom Belieben einer Partei abhängigen Anfechtung noch einer Ab-
änderung durch freien Entschluß des Richters mehr unterliegt, und zwar letzteres
deshalb, weil entweder eine solche überhaupt unzulässig ist oder die Partei alle
Mittel der Anfechtung ohne Erfolg versucht oder auf dieselben ausdrücklich oder
stillschweigend verzichtet hat. Wenn auf dem Gebiete des Civ. Prz. das Bedürfniß
nie verkannt wurde, daß eine Linie gezogen werden müsse, bei welcher angelangt der
Streit als definitiv geschlichtet, die richterliche Entscheidung als unumstößlich an-
zusehen ist, so haben auf dem Gebiete des StrafPrz. zuerst die unmenschliche Härte,
die man dem Beschuldigten gegenüber in früheren Jahrhunderten sich erlaubte, und
seit dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts die maßlosen Uebertreibungen,
welche die Theorie an das sog. Inquisitionsprinzip knüpfte, dahin geführt, daß im
Namen der „materiellen Wahrheit“, nach welcher der StrafPrz. mit allen Mitteln
zu streben habe, dem Prinzip der R. im Kriminalprozeß jede Geltung abgesprochen
wurde. Von dieser Uebertreibung ist man nunmehr längst zurückgekommen, und
jetzt steht die Frage nur so, ob unter Umständen eine Wiederaufhebung der
eingetretenen R. (s. unten) stattfinden könne. Dagegen ist allerdings auf dem
Gebiete des Straf Prz. in noch weiterem Maße als auf dem des Civ. Prz. die Ten-
denz vorherrschend, die Zahl derjenigen vor der Endentscheidung ergehenden Ver-
fügungen zu vermehren, welche keiner R. fähig sind. Es ist hierfür ein doppelter
Gesichtspunkt maßgebend. Die Entscheidung über Gegenstände, die ihrer Natur nach
durch die Endentscheidung ihre Bedeutung verlieren, in unbeschränkter Weise der
Anfechtung durch Rechtsmittel zu unterstellen, welche auch nur annähernd ährliche
Bürgschaften bieten, wie die gegen das Endurtheil, würde der Verschleppung der
Strafsachen Thür und Thor öffnen und allzugroße Anforderungen an die Zeit der
oberen Behörden stellen; zudem müßte man entweder jeder solchen Beschwerde auf-
schiebende Wirkung beilegen, und dadurch die verfügte Maßregel, oder man müßte
sie ihr versagen und damit die Beschwerde selbst in vielen Fällen praktisch vereiteln.
In zahlreichen Fällen ist daher gegen richterliche Verfügungen keine sofortige
Beschwerde gegeben, daraus aber abzuleiten, daß die Wirksamkeit dieser Verfügung
nicht weiter reicht, als ihr unmittelbarer Zweck, daß sie also nicht dem Endurtheil
einen Theil der Entscheidung vorwegnehme. Umgekehrt giebt es richterliche An-
ordnungen, die, auch wenn sie der Anfechtung durch Parteien nicht oder nicht mehr
unterliegen, sich vermöge ihrer von oft vorübergehenden Verhältnissen abhängigen
Natur jeder R. entziehen, die nämlich der Richter selbst wieder zurückzunehmen ebenso
berechtigt als verpflichtet ist. Das hervorragendste Beifpiel für Ersteres bietet die
beschränkte R. der Entscheidung über die Versetzung in Anklagestand (Eröffnung
des Hauptverfahrens, s. diesen Art.), für letzteres die Verfügung der Unter-
suchungshaft, die Ablehnung von Beweiserhebungen. Manchmal wird in ersterer