Full text: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

300 Rechtsmittel. 
stützen. Eine wirkliche Beschränkung ihrer Thätigkeit zu Gunsten des Freigesprochenen 
enthält dagegen § 379. 
II. Eine bestimmte Form für die Einlegung der R. ist nicht vorgeschrieben, sie 
kann schriftlich oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers bei dem zuständigen Gerichte 
geschehen, und nur darauf kommt es an, daß die nothwendigen Erklärungen inner- 
halb der gesetzlichen Frist an das Gericht gelangen, gegen dessen Entscheidung das 
R. ergriffen werden soll. Ein Irrthum in der Bezeichnung desselben ist unschädlich 
342), ein Zweifel im einzelnen Falle auch kaum möglich, da eine Wahl zwischen 
verschiedenen R. niemals gegeben ist, sobald nur die Erklärung deutlich erkennen 
läßt, daß ein R. ergriffen werden sollte. Dazu genügt allerdings nicht die Bitte 
um Ertheilung einer Abschrift des Erkenntnisses (val. Erkenntniß des Reichsgerichts 
vom 2. Dezember 1879, Rechtspr. I. S. 110), wol aber eine Erklärung, sofort nach 
Verkündung der Entscheidung, die eventuell in der Sitzung selbst zu Protokoll 
genommen werden muß. (Anderer Meinung: Löwe, S. 617 N. 5; v. Kries, 
S. 62.) Ob die Einlegung durch ein Telegramm geschehen könne, ist zweifelhaft; 
das Reichsgericht verneint es, vgl. z. B. Erk. v. 3. Febr. 1880 (Entsch. I. S. 262), 
auch Zimmermann im Gerichtssaal Bd. XXXII. S. 263 ff. — Für den nicht 
auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten ist die Einlegung noch dadurch erleichtert 
(§ 341), daß 1) er die betreffenden Erklärungen zu Protokoll des Gerichtsschreibers 
desjenigen Gerichtes geben kann, in dessen Gefängniß er sich befindet und falls das 
Gefängniß kein gerichtliches ist, desjenigen Amtsgerichtes, in dessen Bezirke das 
Gefängniß liegt; 2) die Frist schon gewahrt ist, wenn innerhalb derselben das 
Protokoll aufsgenommen wurde, wenn auch die Ueberreichung an das zuständige 
Gericht erst später erfolgt. Schriftliche Erklärungen eines Verhafteten unterliegen 
dagegen den allgemeinen Regeln. 
III. Auf die Einlegung eines R. kann verzichtet werden, entweder stillschweigend 
durch Versäumung der Frist oder ausdrücklich durch eine Erklärung, welche zwar 
keiner bestimmten Formen bedarf, aber in authentischer und nicht mißzuverstehender 
Weise zur Kenntniß des Gerichtes gebracht werden muß. Es genügt z. B. die 
mündliche Erklärung unmittelbar nach Verkündigung des Urtheils, daß man sich bei 
demselben beruhige (vgl. Erkenntniß des Reichsgerichts vom 1. Juni 1880, Entsch. 
II. S. 78), welche alsdann durch das Sitzungsprotokoll zu bekunden ist. Zurück- 
genommen kann derselbe nicht werden, es sei denn, daß er vorzeitig, z. B. vor Er- 
öffnung der Urtheilsgründe ausgesprochen war, oder die Erklärung, daß man ein 
R. einlegen wolle, früher an das Gericht gelangt als die vorher, z. B. zu Protokoll 
eines Gefängnißbeamten, ausgesprochene Verzichtleistung (vgl. Erkenntniß des Reichs- 
gerichts vom 31. Jannar 1880, Entsch. I. S. 92). — Dem Berzichte gleich steht 
im Allgemeinen die Zurücknahme eines schon eingelegten R. (§ 344). Jedoch kann: 
a) ein von der Staatsanwaltschaft zu Gunsten des Beschuldigten eingelegtes R. ohne 
dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden (§ 344); b) wenn die Entscheidung 
über das R. auf Grund mündlicher Verhandlung stattzufinden hat, die Zurücknahme 
nach Beginn der Hauptverhandlung nur mit Zustimmung des Gegners erfolgen 
(§ 345). Der Grund für diese erst von der Reichsjustizkommission aufgenommenen 
Bestimmung war die Erwägung, „daß es der Staatsanwaltschaft nicht zustehen dürfe, 
das Gericht an der Erlassung einer dem Beschuldigten günstigen Entscheidung zu 
hindern“ (vgl. Löwe, S. 607 N. 2, der mit Recht darauf aufmerksam macht, daß 
dieses Argument jedenfalls unzureichend sei, da es bei den vom Beschuldigten 
gebrauchten R. keine Bedeutung habe; vgl. auch v. Kries, S. 114 N. 49). — 
Die Vorschrift des § 344 Abs. 1 findet auf die R., welche der gesetzliche Vertreter 
oder der Ehemann für den Beschuldigten eingelegt haben, keine Anwendung, vielmehr 
können dieselben auch ohne Zustimmung des Letzteren zurückgenommen werden. 
Anderer Meinung: Löwe, S. 606 N. 8 (vgl. auch die dort pro und contra Citirten), 
weil der Beschuldigte vielleicht gerade in Rücksicht auf die von anderer Seite
	        
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