Reglement der Eisenbahnen. 333
die Bahn nicht für den Schaden, welcher aus der Gefahr entstanden ist, deren Ab—
wendung durch die vorgeschriebene Begleitung bezweckt wird, z. B. Mangel an
Wartung, Fütterung, Tränkung.
Abschnitt III. Beförderung von Gütern. Die Deutschen und Oester-
reich-Ungarischen bzw. Vereinsbahnen transportiren „Güter“ von und nach allen
für den Güterverkehr eingerichteten Stationen sämmtlicher Vereinsbahnen auf Grund
eines Frachtbriefs, so daß sämmtliche Eisenbahnen dem Publikum gegenüber nur
als unter einer Verwaltung stehend erscheinen und auf den Uebergangsstationen
das Eisenbahnpersonal die Uebergabe an die anschließende Bahn besorgt.
Bezüglich der Annahme der Güter zum Transport existiren von der den
Eisenbahnen als öffentlichen Anstalten durch das HGB. auferlegten Transportpflicht
die gleichen Ausnahmen wie bei Zurückweisung des Transports, nämlich:
1) wenn außergewöhnliche Hindernisse (Betriebsstörung), 2) wenn höhere Gewalt
entgegenstehen, 3) bei Insuffizienz der Transportmittel (§ 6). In diesen drei Fällen
können die Eisenbahnen, um Aufstauungen der Güter zu vermeiden, auch die Ein-
magazinirung zum späteren Transport so lange verweigern, bis der Hinderungsgrund
wegfällt (6 55), sie müssen aber die Güter „zur vorläufigen Lagerung“ annehmen,
wenn Räumlichkeiten disponibel sind; jedoch haften die Eisenbahnen dann nur als
Verwahrer bis zu dem Zeitpunkt, in welchem die Verladung möglich ist, indem von
da an erst die Annahme des Guts zum „Transporte“ als geschehen und der
Frachtvertrag erst durch Aufdrücken des Expeditionsstempels auf den Frachtbrief als
abgeschlossen gilt.
Die Eisenbahnen können aber die Annahme von Gütern auch verweigern:
4) wenn die Güter „an sich“ sich nicht eignen, z. B. kranke Thiere (§ 40), der
Selbstentzündung unterworfene Gegenstände (§ 48); 5) wenn sie „vermöge ihrer
Verpackung“ zum Transport nicht geeignet sind (§ 47). Was die Verpackung
anlangt, so ist durch Art. 422 des HG#B. den Reglements verbindliche Kraft bei-
gelegt. Den diese erlassenden Administrativbehörden ist also Freiheit gelassen, Vor-
schriften über die Beschaffenheit der Verpackung im Allgemeinen oder für einzelne
Arten von Gütern zu erlassen. Demgemäß ermächtigt § 47 die Eisenbahnen, gar
nicht oder nicht ordnungsmäßig verpacktes Gut, wenn die Natur desselben eine Ver-
packung zum Schutz gegen Verlust der Beschädigung auf dem Transport erfordert,
nur dann zu befördern, wenn der Absender das Fehlen oder die Mängel der Ver-
packung auf dem Frachtbrief anerkennt und außerdem hierüber noch ein Revers-
formular ausfüllt. Unbeanstandete Annahme eines äußerlich mangelhaft verpackten
Guts macht die Eisenbahnen ersatzpflichtig.
Perfektion des Frachtvertrags. Der Frachtvertrag ist abgeschlossen, sobald
das Gut mit dem Frachtbrief zur Beförderung — nicht zur Einlagerung — an-
genommen ist; denn die Eisenbahnen haften nach Art. 395 des HG#B. von der
„Empfangnahme“ des Guts zur Beförderung an und können, da Art. 395 l. c.
Prohibitivbestimmung ist, die Dauer dieser Haftung durch Reglements nicht ein-
schränken. Unter dieser „Empfangnahme“ ist derjenige Akt zu verstehen, durch welchen
die Eisenbahn bekundet, daß sie die Offerte des Absenders zur Eingehung des Fracht-
vertrags nach Frachtbrief und Frachtgut reglementmäßig erachte und den Transport
übernehme.
Während das HG#. weder die Ausstellung eines Frachtbriefes noch die Auf-
drückung des Expeditionsstempels (derselbe enthält nur Name der Station, Monat
und Tag der Uebernahme) für den rechtsverbindlichen Abschluß eines Frachtvertrags
fordert, war es im Eisenbahnfrachtverkehr mit Rücksicht auf die zu gleicher Zeit und
an verschiedenen Plätzen stattfindende Massenauflieferung geboten, den Zeitpunkt, in
welchem die Auflieferung, bzw. Verladung des in demselben Frachtbrief deklarirten
Guts vollständig geschehen ist und von welchem an der Frachtvertrag rechtliche
Wirksamkeit haben soll, in einer Jedermann leicht sichtbaren Weise zu fixiren und,