Reglement der Eisenbahnen. 335
Auch bei Stückgut ist Erhebung der Konventionalstrafe, obwol die Gewichts-
kontrole obligatorisch ist, wegen unrichtiger Angabe des Gewichts zulässig, da
die Zusicherung der amtlichen Feststellung des Gewichts behufs der richtigen Fracht-
berechnung und der eventuellen Fixirung der Entschädigungssumme die Bedingung,
das Gewicht richtig anzugeben, und die Berechtigung, im Falle der Nichterfüllung
dieser Bedingung Konventionalstrafe zu verlangen, nicht beseitigt.
Der Absender muß die Route vorschreiben, über welche das Gut geleitet werden
soll, wenn es verschiedene Routen vom Absendungs= bis zum Bestimmungsort
giebt. Die Bahn ist alsdann an diese Vorschrift gebunden. Ist der Transportweg
nicht vorgeschrieben, so wird angenommen, daß er es der besser informirten Versandt-
expedition überläßt und muß die Versandtexpedition denjenigen Weg wählen, der
ihr im Interesse des Absenders am zweckmäßigsten erscheint.
Die Wahl der Route erfolgt auf Gefahr des Absenders, d. h. die Bahn über-
nimmt nur für die unrichtige Wahl (Mehrfracht, nothwendige Verzögerung gegenüber
der kürzeren Route) keine Verantwortung; für den Transport auf der von ihr
gewählten Route haftet sie selbstverständlich. Geht das Gut auf der gewählten Route
durch vis major zu Grunde, so haftet sie ebenfalls nicht.
Die Bahn hat bei der Wahl der Instradirungsroute nur gewöhnliche diligentia
zu prästiren, soweit nicht ein direkter Tarifsatz der Aufgabestation, welche sie selbst-
verständlich alle kennen muß, anzuwenden ist (§ 52, Abs. 1). Auf der vom Ab-
sender vorgeschriebenen, wie auf der von der Absendestation gewählten Route ist
zunächst der publizirte direkte Tarif, eventuell, d. h. wenn ein direkter Tarif
nicht publizirt ist, der zusammenzusetzende gebrochene Tarif anzuwenden. Deshalb
ist Grundsatz, daß jede Sendung, wenn die Bestimmungsstation keine Verbandstation
ist, auf die nächst vorgelegene Verbandsstation zu kartiren ist, soweit
nicht spezielle Ausnahmen — z. B. Uebergangsstation — gemacht sind.
Zoll= und Steuervorschriften. Dem Abfender allein liegt die Ver-
bindlichkeit ob, die Bahn zur Erfüllung der zoll= und steueramtlichen Obliegenheiten
in den Stand zu setzen („das Gut transportbereit zu machen“), da die Beschaffung
der Papiere keine zum Transport gehörige Handlung, sondern ein selbständiges
Nebengeschäft ist. Aus der Annahme des Guts zum Transport ohne Zollpapiere
oder mit unzulänglichen Papieren und der Ausführung des Transports darf also
kein Verzicht der Bahn auf Beschaffung. der Papiere seitens des Absenders abgeleitet,
solche Annahme auch nicht als „Verschulden “ der Bahn zugerechnet werden.
Der Absender ist trotzdem für alle Strafen und Schäden haftbar, welche die Eisen-
bahn wegen Unrichtigkeit oder Unzulänglichkeit der zur Zollabfertigung erforderlichen
Begleitpapiere treffen und ist der bei der Zollabfertigung ohne ihr Verschulden ge-
schädigten Bahn stets haftbar, mag ihn ein Verschulden treffen oder
nicht. — Fällt jedoch der Eisenbahn selbst ein Verschulden zur Last, so hat sie
keinen Rückgriff bezüglich der über sie verhängten Zollstrafe.
Hat die Eisenbahn bei der Zollverwaltung eine unrichtige zoll= oder steuer-
amtliche Abfertigung auf Antrag des Versenders oder ohne solchen veranlaßt, so hat
sie für alle Strafen und Schäden Regreß an den Absender. Unkenntniß der Zoll-
gesetze und Regulative, Irrthum eines Kontravenienten über Sinn und Tragweite
einer zollfiskalischen Strafbestimmung, ebenso der Mangel der Absicht, ihr zuwider-
m*) schließen die Strafbarkeit nicht aus (Entsch. d. ROHG. Bd. XVIII.
245).
Berechnung und Zahlung der Fracht. Erstere erfolgt auf Grund
der publizirten Tarife, in welchen die Preise für den Eisenbahntransport von vorn-
herein fest normirt sind. Mit Anwendung der betr. Tarife erklärt sich der Ver-
sender bei Eingehung des Frachtvertrags durch Unterzeichnung des Normalfracht-
briefes einverstanden. In diesen Tarifen liegt der Frachtberechnung bei Stückgut das
Bruttogewicht, bei Wagenladungen die Tragkraft des Wagens, bei Vieh auch der