358 Reichsbank.
(Nordamerika) durch Notenausgabe Kapital zu verschaffen, da sie am Meisten in der
Lage ist, individuell richtig nach den Lokalbedürfnissen zu verleihen, mehr als die
immer nothwendig etwas schematisch operirende Centralbank mit ihren Filialen. Die
kleine Zettelbank hat auch mehr Trieb und Fähigkeit, das Depositengeschäft zu ent-
wickeln, als die Centralbank, der die Notenemission alles erforderliche Kapital leicht
zuführt.
b) Andererseits aber wird gerade die Zettelbankfreiheit thatsächlich am Meisten,
oft allein von reichen Privatkapitalisten für die Gründung von Banken ausgenutzt
werden können. Solche Banken und überhaupt diejenigen (auch im System der
Normativbedingungen), welche nicht unter speziellerer Staatskontrole stehen, werden
leichter dem besonderen Klasseninteresse einflußreicher privater Geschäftskreise dienen.
Die Kautelen gegen mißbräuchliche Kreditgewährung der kleinen Zettelbanken bieten
sich zwar in der Kontrole des Publikums, in der gegenseitigen Kontrole der Banken
selbst, aber diese Kautelen sind schwerer zu handhaben. In kritischen Zeiten schwankt
und wankt der Kredit solcher Banken und ihrer Noten eher, woraus weitere allgemeine
wirthschaftliche Gefahren hervorgehen, Lauter Gründe, welche eine größere Staats-
intervention auf diesem Gebiete, die Centralisirung der Notenausgabe und das Prinzip
der Staatsgenehmigung wenigstens oftmals rechtfertigen.
c) Im Uebrigen wird hier aber auch sonst der historisch gegebene all-
gemeine politische und volkswirthschaftliche Charakter eines Landes mit
zu entscheiden haben. In den größeren Staaten Europa's, zumal des Kontinents,
hat sich nicht nur historisch die Staatsgenehmigung, die Centralisation im Zettel-
bankwesen eingebürgert: sie entspricht auch dem modernen Zuge im Wirthschaftsleben
und im Bankwesen speziell. Die abweichenden Verhältnisse anderer Länder (Schweiz,
wo aber Centralisation der Notenausgabe schon öfters angeregt ist, Schweden, Nord-
amerika, theilweise Schottland und England) zeigen nur, daß solche allgemeine
Momente überall mitspielen, auch in der Gestaltung eines Spezialrechts wie des
Zettelbankrechts. Daraus wird man maßgebende Fingerzeige für die Richtung einer
Reform des Bankrechts entnehmen dürfen.
d) Und zwar umsomehr, da jedenfalls neben manchen spezifischen banktechnischen
und bankökonomischen Vortheilen der Regalisirung der Notenausgabe, des Prinzips
der Staatsgenehmigung für Zettelbanken und der stärkeren oder selbst völligen Cen-
tralisation keine entscheidenden Nachtheile dieser Gestaltung des Rechts,
mindestens unter unseren kontinentalen Verhältnissen, abgeleitet und durch die Er-
fahrung belegt werden können. Man hat wol, im Hinblick auf manche Beispiele,
vor der Gefahr einer Verquickung der Banken mit den Staatsfinanzen gewarnt.
Indessen lassen sich hiergegen in ruhigen Zeiten ausreichende staatsrechtliche Kautelen
schaffen. In unruhigen Zeiten zeigt das neue amerikanische Beispiel im Bürgerkrieg,
daß auch die Dezentralisation des Zettelbankwesens die Banken nicht vor finanzieller
Ausbeutung schützt, oder der Staat giebt dann von sich aus Papiergeld aus
(Oesterreich, Nordamerika). Andererseits aber haben die großen Centralbanken in
kritischen Zeiten auch für die Staatsfinanzen eine finanziell und politisch wichtige
Stütze geboten (Bank von England in den Revolutionskriegen, Oesterr. Nationalbank
1848 ff., Preuß. Bank 1866, 1870, besonders Französische Bank 1870—71), ein
Moment, das bei der Entscheidung wol mit zu beachten ist.
e) Speziell in den Deutschen Verhältnissen wird man sich demnach für
Notenregal und Staatsgenehmigung und, wenn nicht für böllige, so doch
für überwiegende Centralisation der Notenausgabe bei einer großen Central-
bank erklären dürfen. In dieser Weise ist auch die Deutsche Bankreform durch-
geführt worden. Die völlige Centralisation (Monopolbank) ist sachlich nicht
geboten, hat auch einige Mißstände. Im Deutschen Reich wie in Großbritannien
war sie, wenigstens zunächst, durch den bestehenden Rechtszustand, wo es vorhandene
Rechte zu schonen galt, ausgeschlossen.